Theologe: Tragik des Suizids nicht beschönigen
Der Theologe Martin M. Lintner hat dazu aufgerufen, Suizid nicht als Ausdruck des Rechts auf Selbstbestimmung zu bezeichnen. Dies zu tun, sei "fast immer eine unzutreffende Beschönigung", betonte der Südtiroler Moraltheologe in einem Gastkommentar für die "Tiroler Tageszeitung" (Montag). Auch wenn einige Menschen eine Suizid-Entscheidung überlegt und frei träfen, ereigneten sich Suizidversuche und Suizide in der Realität "zumeist in tragischen, für Betroffene und ihre Angehörige dramatischen und leidvollen Lebenssituationen", so der Professor an der Philosophisch-Theologischen Hochschule (PTH) Brixen.
Lintner bezog sich auf die jüngste Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofes (VfGH), wonach der Straftatbestand der "Hilfeleistung zum Selbstmord" ein Verstoß gegen das Recht auf Selbstbestimmung sei. Wie auch immer man zu diesem Urteil stehe, führe nun kein Weg dahinter zurück, so der Moraltheologe. Diskutiert werden müsse nun auf breiter Ebene, "wie wir in Zukunft Menschen begleiten möchten, die aus welchen Gründen auch immer lebensmüde sind und sich das Leben nehmen wollen. Und wie wir andere davor schützen können, dass sie nicht unter Druck geraten, aus dem Leben scheiden zu wollen."
Bedenken äußerte der Moraltheologe darüber, dass die Legalisierung von Suizidbeihilfe in anderen Ländern die Zahl der einsamen, nichtassistierten Suizide nicht gemindert habe. Vielmehr führe die zunehmende soziale Akzeptanz von Suizidbeihilfe eher zu einer höheren Suizidrate besonders bei älteren Menschen. "Wollen wir das?", hinterfragte Lintner. Fraglich sei weiters auch, ob das Recht auf selbstbestimmtes Sterben in letzter Konsequenz darauf reduziert werden könne, "dass andere meinen Willen nicht nur respektieren, sondern auch ausführen müssen".
Quelle: kathpress