"Zwischen Sorge und Hoffnung"
Bischöfe blicken auf Krisenjahr zurück
"Zwischen Sorge und Hoffnung"
Bischöfe blicken auf Krisenjahr zurück
Zwischen Sorge und Hoffnung haben sich österreichische Bischöfe in vorweihnachtlichen Briefen, Interviews und Hirtenworten rückblickend über das Krisenjahr 2020 geäußert. "Herausfordernde Wochen und Monate liegen hinter uns, unsichere Zeiten noch vor uns", schreibt etwa der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, in einem Weihnachtsbrief an haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter in der Erzdiözese Salzburg. Er wolle jedoch "ermutigen, aus dem Geheimnis der Menschwerdung Gottes, das wir im Advent ersehnen und zu Weihnachten feiern, neue Hoffnung zu schöpfen".
Ähnlich die Botschaften, die der Kärntner Bischof Josef Marketz in einem Interview für die Weihnachtsausgabe der "Furche" formulierte, der Linzer Bischof Manfred Scheuer in der "Bauernzeitung", der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl an die Leser des "Sonntagsblattes" und der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler in einem Chat der "Tiroler Tageszeitung". Sie alle benennen aktuelle und weiterhin absehbare Probleme in der Pandemie-Zeit, aber auch Trost, dessen Quell der christliche Glaube ist.
Erzbischof Lackner fordert in seinem Schreiben an die Kirchenmitarbeiter dazu auf, die Pandemie auch aus der Perspektive des Glaubens anzunehmen und nicht "nur als medizinisches Problem" zu behandeln. Damit wolle er nicht behaupten, das Corona-Virus sei eine Strafe Gottes. Aber, so Lackner: "Wer an Gott als den Schöpfer glaubt, steht vor der herausfordernden Aufgabe, selbst die Risse, die durch die Schöpfung gehen, in den eigenen Glauben zu integrieren." Lackner warb für "das Vertrauen, dass Gott für alles, was er uns zumutet, einen Sinn bereithält".
Lackner: Gott nahm "armselige Welt" an
Der Erzbischof verwies auf den Rat des heiligen Ignatius von Loyola in dessen Exerzitienbuch: Sich dem Geheimnis der Menschwerdung Gottes zu nähern bedeute zunächst bewusstes Wahrnehmen der Welt, wie sie wirklich ist in all ihrer "Verletzlichkeit und Zerrissenheit". Auch Gott nehme im Stall von Bethlehem keine ideale Welt als die Seine an, sondern die Welt, wie sie sich heute zeigt. Lackner verwies auf eine Welt, in der auch medizinische Experten von Corona überfordert werden, auf eine Welt, "in der der Schutz des menschlichen Lebens bis zu seinem natürlichen Ende keine Selbstverständlichkeit mehr ist" und eine Welt, in der sich immer weniger Menschen für den Glauben interessieren.
Das ist laut dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz die tröstende Botschaft des Weihnachtsfestes, die in schwierigen Tagen Hoffnung schenkt: "Gerade unsere Welt - so armselig sie auch sein mag - ist von Gott angenommen. Er hat sie zu seiner gemacht."
Marketz: Nähe ist nicht nur körperliche Nähe
"Nähe ist nicht nur körperliche Nähe": Das betonte Bischof Josef Marketz angesichts des Corona-bedingten Distanzhaltens im "Furche"-Interview (Ausgabe 17.12.). Menschliche Nähe bedeute auch "eine bewusst geübte Achtsamkeit und ein Versuch, wirklich den anderen anzuschauen, nachzufragen, wie es ihm geht, Rücksicht zu nehmen". Die Chance, dies im Kontakt mit Menschen umzusetzen, biete das heuer unter Pandemie-Bedingungen gefeierte Weihachtsfest: "Das sollen wir als Chance begreifen und dankbar annehmen", riet Marketz: "Weihnachten mit wenig Lärm - in Achtsamkeit, Zärtlichkeit und voller Rücksicht aufeinander."
Befragt nach der "Performance der Kirche" in der Pandemie äußerte sich der Bischof angetan von der durch die Krise entfachte Kreativität und Einsatzbereitschaft. Er staune, "wozu Kirche - nicht die Bischöfe oder Kirchenleitungen -, wozu die Menschen in den Pfarren, darunter auch manche Priester, aber vor allem Laien fähig sind", so Marketz. Viele hätten sich sehr schnell umgestellt und nach Möglichkeiten gesucht, unter erschwerten Bedingungen Seelsorge zu betreiben und dabei neue Möglichkeiten der digitalen Medien erfasst.
"Diese Krise hat uns durchaus ein Stück weitergebracht, was das Evangelium betrifft", zog der Bischof eine positive Zwischenbilanz. Thema sei immer weniger der Status quo der Kirche geworden, "das Thema war der Mensch: Wo können wir für die Menschen da sein? Das ist Urchristentum".
Scheuer: "Letztlich auch die Freude an Gott"
"Worauf soll man derzeit hoffen?" Auf diese Frage der "Bauernzeitung" antwortete der Linzer Bischof Manfred Scheuer, er habe in Corona-Zeiten im Hinblick auf das persönliche und gesellschaftliche Leben "nicht die Vision, wann es wieder wie gut sein wird". Dennoch hege er die Hoffnung, "dass die wirtschaftlichen Auswirkungen von Corona so bewältigt werden können, dass die Menschen nicht unter die Räder kommen". Er hoffe auf eine belastbare Solidarität, dass die Menschen "wieder mehr aufeinander schauen", so Scheuer. "Und natürlich hoffe ich auch darauf, dass die Bedeutung des Glaubens wieder deutlicher wird."
Sich beim "Fest der Familie" diesmal einschränken zu müssen, ist nach den Worten des Bischofs eine "Form der Verantwortung und der Nächstenliebe". Er legte den Lesern Besinnung vor allem auf die Freude ans Herz, die die Geburt eines Kindes stets begleite. Neben der Freude an den Kindern könne zu Weihnachten auch die Freude der Gemeinschaft, der Liebe, der Musik oder der Natur im Vordergrund stehen. "Und letztlich schon auch die Freude an Gott", wie Scheuer betonte. Gerade zu Weihnachten zeige sich: "Gott ist kein Zuseher in unserem Leben, er ist nicht nur der Beobachter von außen. Das, was wir leben, nimmt er an, macht es am eigenen Leib durch. Ihm sind unsere Gefühle und Erfahrungen nicht fremd."
Krautwaschl: "Gott ist da, wenn wir ihn brauchen"
Auf eine Vielzahl an Problemen im Jahr 2020 machte Bischof Wilhelm Krautwaschl im steirischen "Sonntagsblatt" aufmerksam. Freiheitsbeschneidung durch Corona, Jobverlust für die einen und Arbeit bis zur Erschöpfung für die anderen, Isolation statt Gemeinsamkeit, dazu internationale Krisen durch Krieg, Terror, Heuschreckenschwärme, Flüchtlingsnot und Christenverfolgung. "Hat uns Gott verlassen, ist man versucht zu fragen", so der Grazer Bischof. "Ich meine nein."
Jener Gott, der in Jesus zu den Menschen kam, habe nicht versprochen, dass es immer einfach ist oder dass es keine Probleme gibt. "Aber er hat uns zugesagt, dass er für uns da ist, wenn wir ihn brauchen und wenn wir uns an ihn wenden", wies Krautwaschl hin. "Darüber können wir uns heuer zu Weihnachten noch mehr freuen als sonst."
Glettler: Gottes Zusage ist "Du bist nicht allein!"
"Mir ist wichtig zu betonen, dass das Herzstück der weihnachtlichen Botschaft lautet: Du bist nicht allein! Nicht 'lost', verloren, wie das deutsche Jugendwort des Jahres 2020 lautet": Das tippte der Innsbrucker Bischof Glettler beim Chat mit Lesern der "Tiroler Tageszeitung" in die Tastatur. Weihnachten werde heuer schlichter gefeiert werden müssen, einiges an sonst Vertrautem falle weg. "Aber vielleicht liegt darin auch eine Chance, das Geheimnis der Weihnacht besser zu verstehen", so Glettler. Gott sei auch damals in keine "heile Welt" gekommen.
Vermissen werde er die großen, feierlichen Gottesdienste, schrieb der Bischof. Am Heiligen Abend werde er wie gewohnt das Hospiz und soziale Einrichtungen besuchen. "Bei mir gibt es vor dem gemütlichen Abendessen immer ein gemeinsames Gebet und 'Räuchern' - mit Weihrauch durch alle Räume gehen, um zum Ausdruck zu bringen, dass kein Raum unseres Lebens Gott fremd ist", berichtete Glettler. "Sein Segen soll überall hinkommen."
Quelle: kathpress