Neues "Faktencheck"-Buch: Weihnachten war gar nicht im Dezember
Die demnächst als Weihnachtsfest gefeierte Geburt Jesu Christi fand nicht im Dezember, sondern in einer wärmeren Jahreszeit statt; die Niederkunft Marias erfolgte nicht einsam in einem ärmlichen Ambiente, sondern Jesus kam "behütet zur Welt, von der Dorfgemeinschaft freudig umsorgt, in einem gewöhnlichen judäischen Haushalt". Diese und andere Umstände der Weihnachtsgeschichte legen laut dem Theologen-Ehepaar Claudia und Simone Paganini die in der Bibel für jedermann nachlesbaren Ereignisse nahe, wie die beiden der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (aktuelle Ausgabe) erklärten. Anlass für das Interview war das neue Buch "Von wegen Heilige Nacht. Der große Faktencheck zur Weihnachtsgeschichte" der beiden Wissenschaftler.
"Unsere Absicht ist es nicht, die Weihnachtsgeschichte zu zerstören. Im Gegenteil, die wissenschaftlichen Methoden führen dazu, dass man sich auf das Wesentliche konzentriert", so die Autoren. Der genaue Zeitpunkt oder Ort der Geburt Jesu sei nicht überliefert: "Wir wissen es nicht, aber es ist nicht wichtig." Später ausgeschmücktes "Drumherum" sei auch die Präsenz Josefs bei der Geburt, die Zurückweisung durch Quartiergeber oder die Heiligen drei Könige - "sie waren weder drei noch Könige", wiesen die Paganinis hin. Das Wesentliche sei demgegenüber die Botschaft: "Gott kommt in die Welt und möchte den Menschen nahe sein." Die Besinnung darauf könne korrigieren, dass Weihnachten "bei uns stark von Wirtschaft und Konsum bestimmt" sei, so das Theologenpaar.
Claudia Paganini studierte Theologie und Philosophie, promovierte 2004 "sub auspiciis"; 2018 folgte die Habilitation. Heute lehrt sie Christliche Philosophie an der Uni Innsbruck und reüssierte heuer u.a. bei "Science Slam"-Wettbewerben, bei denen Zuschauer in wenigen Minuten für das eigene Wissenschaftsfach begeistert werden sollen. Ihr Mann Simone Paganini ist Professor für Biblische Theologie in Aachen.
Eine "ganz normale Geburt"
Die vor allem im Lukasevangelium überlieferte Weihnachtgeschichte erzähle von einer gar nicht so "heiligen" Nacht, sondern von einer wohl eher "ganz normalen Geburt", teilten die Paganinis mit. Antike Texte würden immer nur das Besondere überliefern, die Evangelien jedoch nichts über den Geburtsvorgang berichten. "Also müssen wir fragen, wie geschah damals eine normale Geburt? Es war ein freudiges Ereignis, aber natürlich eine reine Frauensache, Männer hatten dabei nichts verloren."
Mit dem im Lukasevangelium verwendeten griechischen Wort "Katalyma" sei keine "Herberge" wie in der einflussreichen Übersetzung Martin Luthers gemeint, sondern eine Art Gästezimmer oder Lagerraum. "Die einfachen Häuser hatten damals zwei Räume", gaben die beiden Autoren Einblicke in die Lebenswelt zur Zeit Jesu. "Im großen Hauptraum spielte sich alles ab, nachts schliefen da auch die Tiere und es gab eine Futterkrippe in der Wand." Durch die Volkszählung seien viele Leute in Bethlehem bei ihren Verwandten untergebracht gewesen. Als Maria plötzlich die Wehen bekam, sei in dem möglicherweise überfüllten Gästezimmer nicht genug Platz für die Geburt gewesen, "also wird sie in den Hauptraum gebracht... Die Frauen halfen bei der Geburt. Dann legten sie das Neugeborene an den sichersten Ort, das war die Futterkrippe".
Hirten schliefen bei Kälte nicht draußen
Warum all dies eher nicht im Winter geschah, erklärten Claudia und Simone Paganini mit dem Hinweis in der Bibel, dass die Engel zu Hirten kamen, die im Freien schliefen. Die Winter in Israel und Palästina seien jedoch zu kalt, um auf wärmende, aber stickige Zelte zu verzichten. Erst im späten Frühling oder Frühsommer schliefen Hirten lieber draußen. "Das heißt, die Weihnachtsgeschichte spielt nicht im Dezember", folgerte das Autorenduo. Noch im 4. Jahrhundert sei Weihnachten im Frühling gefeiert worden.
Wenig bekannte Hintergründe erläutern die Paganinis in ihrem Buch auch über die Engel, die in der altorientalischen Welt zum Hofstaat Gottes gehörten und bei Lukas als ein großes himmlisches Heer auftritt, und über die wehrhaften Hirten, die im Kriegsfall sofort eingezogen wurden. Abschließend legen die Autoren aber auch dar, "warum die Weihnachtsgeschichte kein Märchen ist".
Das Buch "Von wegen Heilige Nacht. Der große Faktencheck zur Weihnachtsgeschichte" von Simone und Claudia Paganini mit Illustrationen von Esther Lanfermann ist im Gütersloher Verlagshaus erschienen, umfasst 157 Seiten und kostet 14,40 Euro.
Quelle: kathpress