Initiative "Christlich geht anders" mit "Update" in Corona-Krise
Die Corona-Krise zeigt "wie durch ein Brennglas die sozialen Verwerfungen und Ungleichheiten" in der Gesellschaft, die sich laut der Initiative "Christlich geht anders" seit deren erstem Auftreten vor vier Jahren noch verstärkt haben. Deshalb hat die von zahlreichen prominenten Katholikinnen und Katholiken unterstützte Initiative jetzt ein "Update" zu dem 2016 veröffentlichten Grundsatztext zu Problemen wie Arbeitslosigkeit, Fluchtbewegungen und Armut vorgelegt, um eine öffentliche Debatte über eine sozial gerechte Zukunft anzustoßen. Der Titel "Die Hoffnung ist kühn" ist der Enzyklika "Fratelli tutti" von Papst Franziskus entnommen.
Aus der Sicht von "Christlich geht anders" (CGA) soll das Ziel politischen Handelns angesichts der Pandemie nicht sein, zur früheren "Normalität" zurückzukehren. Vielmehr gelte es die "Krise als Motor zur Veränderung" zu nutzen. Dass dies bei entsprechendem politischen Willen auch rasch und umfassend möglich wäre, ist laut dem CGA-Statement eine der wesentlichen Erkenntnisse der letzten Wochen.
Die fünf Überschriften der in dem Diskussionstext angestoßenen Themen markieren zugleich die christlich begründeten Ansprüche auf eine globale Perspektive, auf einen "Sozialstaat mit Gestaltungskraft", Offenheit für verschiedene Nationalitäten, auf Zukunftsperspektiven für junge Menschen und Geschlechtergerechtigkeit.
Für eine Wirtschaft, die "nicht tötet"
Eine Erkenntnis aus der Corona-Pandemie sei, dass ein auf kurzfristige Gewinnmaximierung ausgerichtetes Wirtschaftssystem krisenanfällig ist - nicht nur bei Pandemien, sondern auch bei katastrophalen Klimaänderungen und geopolitischen Konflikten. Eine zukunftsfähige Politik fördere dagegen solidarische Wirtschaftsmodelle mit Schwerpunktsetzungen auf "Care-Ökonomie", einer lebendigen Nahversorgung und einer funktionierenden Daseinsvorsorge. Eine Absage erteilt die Initiative CGA einer "gemeinwohlschädigenden nationalistisch orientierten Kleinstaaterei" und fordert stattdessen eine Globalisierung der Solidarität mit den Menschen des Globalen Südens, deren Not durch Corona "unbeschreiblich geworden" sei. Explizit gefordert wird die sofortige Unterstützung der Flüchtlinge an der EU Außengrenze.
Ein leistungsfähiger Sozialstaat müsse die Tatsache abmildern, dass Kapitalvermögen besitzende Menschen gegenüber arbeitenden Menschen "einen nicht einholbaren Vorteil genießen". Im CGA-Text ist die Rede von gerechten Steuern, die Vermögen und Gewinn zur Finanzierung des Gemeinwesens heranziehen und einer eine ausreichenden existenziellen Grundsicherung für alle.
Fairness für Migranten, Junge, Frauen
Gerade Migrantinnen und Migranten würden in Österreich vorwiegend in prekären Verhältnissen arbeiten oder aber nicht ihren Qualifikationen gemäß eingesetzt, zugleich aber vielfältige systemerhaltende Leistungen in der Krise erbringen. Erforderlich sei eine "effiziente Anti-Diskriminierungspolitik" in Bereichen wie Arbeitsmarkt, Bildungswesen oder Wohnungsmarkt.
Auch viele junge Menschen, "die für die Wirtschaft nicht so relevant sind", würden von der Politik in der aktuellen Krisenzeit vernachlässigt und alleine gelassen, beklagte die Initiative weiter. Sie setzt demgegenüber auf Bildung, die zu Teilhabe an der Gesellschaft befähigt, sowie eine konsequente Politik gegen Kinderarmut.
Die Krise mache aber auch deutlich, dass hauptsächlich Frauen als "Systemerhalterinnen" fungierten und dabei meist niedrig oder gar nicht entlohnt würden. Daher brauche es eine faire Aufteilung von Erwerbsarbeit, Einkommen und privater Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen, Arbeitszeitverkürzung und andere Instrumente zur geschlechtergerechten Verteilung von Ressourcen.
Ein möglichst breiter Diskurs über all diese Fragen soll sich - so das Bestreben von "Christlich geht anders" - in unterschiedlichen Räumen und Netzwerken entwickeln. Und das "vor allem unter reger Beteiligung derjenigen, die in den letzten Monaten oft erwähnt, aber viel zu wenig als aktiv Beteiligte an solchen Gesprächen gesehen werden".
Viele Aktivitäten seit dem Start 2016
Bereits 2016 bei der Formierung der Initiative wurden aus dezidiert christlicher Motivation gesellschaftlicher Zusammenhalt, faire Lebenschancen für alle und eine Stärkung des Sozialstaats gefordert. Den Grundtext dazu unterschrieben rund 100 Erstunterzeichner, darunter Spitzenvertreter der Ökumene, der Ordensgemeinschaften, katholischer Laienorganisationen, zahlreiche Lehrende an Theologischen Fakultäten oder auch prominente Katholiken aus anderen Bereichen wie der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister und die Publizistin Barbara Coudenhove-Kalergi. Als Sympathisanten deklarierten sich u.a. auch Erzbischof Franz Lackner, ÖVP-Vordenker Erhard Busek und Gemeinwohlökonom Christian Felber. Die gemeinsame Überzeugung: Politik, die Gemeinwohl anstrebt, sei eine Form der Nächstenliebe.
Seitdem hat CGA durch eine Vielzahl von Aktivitäten die Prinzipien des Textes öffentlich vertreten. Es gab ein "Christlich geht anders"-Spiel, Veranstaltungen, die Veröffentlichung eines Buches, Podcasts, Blogs und Artikeln. (Info: www.christlichgehtanders.at)
Quelle: kathpress