Weitere Bände für Forschungsprojekt "Die Bibel und die Frauen"
Mit der Online-Präsentation zweier Bände mit jüdischen Schwerpunkten ist in Graz das internationale Großforschungsprojekt "Die Bibel und die Frauen" fortgesetzt worden. Die beiden neuen Publikationen "Rabbinische Literatur" und "Das jüdische Mittelalter" beleuchten, wie vielfältig biblische Frauen in der jüdischen Tradition rezipiert werden. Von den insgesamt geplanten 21 Bänden der Reihe sind im renommierten deutschen Kohlhammer-Verlag inzwischen 16 erschienen.
Das Projekt "Die Bibel und die Frauen" (www.bibleandwomen.org) erarbeitet eine Rezeptionsgeschichte der Bibel von ihrer Entstehung bis in die heutige Zeit in 21 Bänden und vier Publikationssprachen. Die Herausgeberinnen - neben der Grazer Alttestamentlerin Prof. Irmtraud Fischer als Hauptverantwortlicher auch drei Forscherinnen in Madrid, Neapel und Saskatoon (Kanada) - haben es sich zum Ziel gesetzt, den Frauen in der Bibel sowie genderrelevanten Themen wie Reinheitsvorstellungen oder Ämter in der Auslegungsgeschichte nachzugehen. Beleuchtet werden aber auch die Bibellektüren von Frauen.
Frauenperspektive "teils gezielt vergessen"
Diese Untersuchungen füllen eine "klaffende Forschungslücke", wies Prof. Fischer gegenüber Kathpress hin. "Denn die meisten Werke konzentrieren sich auf Männer und deren Auslegungen, sind also meist androzentrisch enggeführt."
Am Forschungsprojekt arbeiten weltweit etwa 300 Fachleute mit, dabei werden auch bisher unerforschte Teile der Frauengeschichte ins Bewusstsein gerückt, betonte Fischer: Frauen hätten "immer die Bibel kreativ ausgelegt, selbst in Zeiten, in denen ihnen das verboten war". Nur habe man ihre Interpretationen nicht in der offiziellen Tradition überliefert, sondern sie "teils gezielt vergessen gemacht, häretisiert oder in von Männern verfassten Schriften aufgenommen und unkenntlich gemacht".
Die am Mittwochabend online präsentierten Bände widmen sich ausschließlich der jüdischen Rezeption: Band 4.1 der Reihe befasst sich mit schriftzitierenden Frauen in rabbinischen Texten, mit genderrelevanten Themen der "Halakha", der Auslegung der jüdischen Gesetzestexte, und mit Darstellungen biblischer Frauen in Texten der Epoche. Band 4.2, mitherausgegeben vom Wiener Judaisten Prof. Gerhard Langer und gefördert vom Evangelischen Oberkirchenrat in Österreich, geht der Thematik in den späten Midraschim, der Kommentarliteratur, in der Poesie, Mystik und Kunst nach.
Bereits im November kam der für die Frauenemanzipationsbewegung wichtige Band über die Bibelverwendung in den säkularen Frauenbewegungen des 19. Jahrhunderts heraus, hauptverantwortet von der Frankfurter Soziologin und Frauenforscherin Ute Gerhard. Sie wird gemeinsam mit Irmtraud Fischer am 20. Jänner 2021 eine weitere Online-Buchpräsentation veranstalten, wie die Grazer Alttestamentlerin ankündigte.
Derzeit in Vorbereitung ist ein Band der Wiener Alttestamentlerin Agnethe Siquans mit Markus Vinzent vom Kings College in London über die Kirchenväterexegesen von biblischen Frauenfiguren. (Info: www.bibleandwomen.org)
Quelle: kathpress