Schönborn zu Mariä Empfängnis
Maria erinnert an Befreiung von Ich-Sucht und Schuld
Schönborn zu Mariä Empfängnis
Maria erinnert an Befreiung von Ich-Sucht und Schuld
Wenn die Kirche am heutigen 8. Dezember Mariä Empfängnis - das Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariens - feiert, so feiert sie nicht etwa die Jungfräulichkeit Mariens, wie vielfach irrtümlich angenommen, sondern die Überzeugung der Kirche, dass Maria ohne (Erb)Sünde lebte. Was jedoch bedeutet dies?, fragte Kardinal Christoph Schönborn bei einem öffentlichen Festgottesdienst am Dienstag im Wiener Stephansdom. "Es bedeutet, dass wir alle Gesegnete sind!" Es war dies zugleich der erste öffentliche Gottesdienst, den Schönborn nach dem Ende des Lockdowns am 7. Dezember wieder im Wiener Stephansdom feierte. Am Vorabend hatte der Wiener Erzbischof in der Lourdesgrotte von Maria Gugging einen Gottesdienst gefeiert.
Das Fest erinnere daran, dass der Mensch auf der einen Seite "gesegnet", weil mit einer starken "Neigung zum Guten" ausgestattet sei; zum anderen aber besitze er einen "Webfehler" - der "Neigung zum Bösen", die sich u.a. in Ich-Sucht und der gegenseitigen Schuldzuweisungen äußere. Mariä Empfängnis stehe für die Überzeugung der Kirche, dass diese Schuldverstrickung des Menschen, "dieses Ich, Ich, Ich", nicht das letzte Wort habe. Dies sei auch die eigentliche Erklärung, warum Maria nicht nur innerhalb der katholischen Kirche, sondern konfessions- und religionsübergreifend eine solche Faszination auf die Menschen ausübe: "Weil sie ganz frei von sich selber war, ganz offen für uns alle, weil sie ganz offen für Gott war."
Theologisch bzw. biblisch grundiert sei diese kirchliche Lehre von der Schuldverstrickung des Menschen bereits in der Paradieserzählung, führte Schönborn unter Verweis auf die heutige erste Lesung aus dem Buch Genesis (Gen 3, 9-15.20) und die jüdische Auslegung dieser Bibelstelle aus: Wenn Gott dort Adam fragt, ob er vom Baum der Erkenntnis gegessen habe, so antworte dieser nicht schuldbewusst mit einem "Ja, ich war es", sondern er schiebe die Schuld von sich, mehr noch, er beschuldige Gott selbst, indem er antworte: "Die Frau, die du mir beigestellt hast, sie hat mir von dem Baum gegeben. So habe ich gegessen".
Und auch Eva weise ihrerseits die Schuld von sich bzw. beschuldige die Schlange, sie verführt zu haben. "Genau das ist es, was wir Erbsünde nennen", führte Schönborn dazu aus: "Wir haben eine Neigung, uns zu verstecken vor Gott. Wir beschuldigen einander und geben die Schuld so weiter, anstatt sie anzunehmen." Damit bleibe die "endlose Geschichte" des Bösen in der Welt - Mariä Empfängnis erinnere allerdings daran, "dass es eine noch viel unendlichere Geschichte des Guten gibt".
In Österreich hat der Feiertag am 8. Dezember eine jahrhundertealte Tradition, die bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges zurückreicht. In der NS-Zeit wurde der Feiertag am 8. Dezember abgeschafft. Nach Ende des Krieges führte eine von Hunderttausenden Österreichern getragene Unterschriften-Aktion zur Wiedereinführung. Der Beschluss des Nationalrats im Jahr 1955 ist auch Ausdruck des Dankes für die wiedererlangte Freiheit Österreichs. In den vergangenen Jahren sorgte die Erlaubnis zum Offenhalten der Geschäfte am 8. Dezember immer wieder für Debatten.
Quelle: Kathpress