Birnbacher: "Klöster gehören zu den notwendigsten Orten der Welt"
Klöster gehören auch weiterhin zu den notwendigsten Orten der Welt: Davon hat sich am Mittwoch der Salzburger Erzabt Korbinian Birnbacher in seinem Vortrag beim Kulturtag der heimischen Ordensgemeinschaften überzeugt gezeigt. Der Erzabt von St. Peter und Vorsitzende der Österreichischen Ordenskonferenz referierte über Herausforderungen für die Ordensgemeinschaften in Gegenwart und Zukunft. Die Tagung fand Corona-bedingt nicht, wie sonst üblich im Wiener Kardinal König-Haus statt, sondern wurde online abgehalten.
Das Ordensleben sei sicher nicht "out", so Birnbacher, auch wenn zumindest im Westen die Zahl der Ordensleute zurückgeht. Doch es gebe in allen Kulturen so etwas wie Klöster, "also Orte der Stille und Einkehr, der Orientierung, der Suche und Begegnung mit Gott". Sogar längst aufgelassene oder verfallene Klöster würden noch davon zeugen: "Das Mauerwerk ist durchbetet und mit spiritueller Energie aufgeladen, die immer noch abgegeben wird", so der Erzabt. Für St. Peter trifft das freilich nicht zu, ist die Erzabtei doch das älteste ständig bewohnte Kloster im deutschen Sprachraum. Die Klosterbauten sowie die damit verbundene Kultur und Kunst gelte es zu bewahren, allerdings nicht im Sinne einer Konservierung der Vergangenheit. Ziel sei eine "Aktualisierung für die Gegenwart", damit Klöster und deren Bauten auch in die Zukunft hinein wirksam werden können.
Angesichts der Orientierungslosigkeit in der Welt - der Erzabt nannte u.a. die ständig zunehmende Fake-News - gebe es bei den Menschen eine Sehnsucht nach Orientierung und Wahrhaftigkeit. Klöster könnten hier ein Angebot setzen, jedoch müssten die Ordensgemeinschaften auch tatsächlich für die Wahrhaftigkeit des Lebens stehen. Birnbacher räumte ein, dass auch Sünde und Schuld zur Kirche gehörten. Die Missbrauchskrise habe das nur allzu deutlich gemacht, als die Fassade allzu oft wichtiger gewesen sei als Wahrhaftigkeit. Birnbacher plädierte eindringlich für Aufrichtigkeit und Authentizität.
Orden brauchen Vertrauen in jüngere Generation
An die älteren Ordensleute appellierte der Vorsitzende der Ordenskonferenz, den jüngeren Chancen zu geben. Nichts sei schlechter, als wenn junge Ordensleute auf "Mauern der Starrheit" in Klöstern prallen würden. "Habt Vertrauen in die jüngere Generation, dass sie es zwar anders aber auch richtig machen", so Birnbacher wörtlich. Ordensleute müssten standhaft und beweglich zugleich sein. Es gelte, gemeinsam um neue Wege und Weiterentwicklungen zu ringen, Gewohntes aufzugeben und diese Entscheidungen schließlich gemeinsam zu tragen. Nachsatz: "Das Ordensleben ist nichts für Egoisten."
Birnbacher abschließend: "Wenn wir uns auf die Gegenwart einlassen und offen sind für Gott und das, was er uns zumutet, dann haben wir Zukunft und das Ordensleben kann weiter seine prophetische Kraft entfalten."
Erste Tiroler Ordensgründerin
Dass klösterliche Frömmigkeitsformen, Gebet und Kontemplation nicht nur dem persönlichen Seelenheil der Ordensleute dienen, sondern Kraftquelle für Engagement in Kirche und Welt sind, verdeutlichte die Ordenshistorikerin Sr. Anna Elisabeth Rifeser am Beispiel von Sr. Maria Hueber (1653-1705), der Gründerin des Ordens der Tertiarschwestern vom Heiligen Franziskus. Hueber war Mystikerin und Pionierin der Tiroler Mädchenbildung gleichermaßen. Rifeser zeigte in ihrem Vortrag auf, wie Hueber und ihre Mitschwestern ihr spirituelles Leben organisierten, sich von männlichen Autoritäten emanzipierten und sich für mittellose Mädchen einsetzten.
Maria Hueber wurde in Brixen als jüngstes von fünf Kindern geboren. Als Mädchen arbeitete sie als Dienstbotin bei Adelsfamilien in Brixen, Bozen, Innsbruck und Salzburg. Aus Salzburg nach Brixen zurückgekehrt, pflegte sie ihre kranke Mutter und vertiefte in besonderer Weise ihren Glauben. Sie gründete 1700 in Brixen eine Frauengemeinschaft sowie eine Schule für mittellose Mädchen, die sie in Lesen, Schreiben und Nähen unterrichtete. Maria Hueber starb 1705 in Brixen. Sie war damals ihrer Zeit weit voraus, was viele gesellschaftliche Bewunderung aber auch Ablehnung mit sich brachte. Papst Franziskus hat im März 2019 den heroischen Tugendgrad Huebers anerkannt, ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Seligsprechung.
Hueber war die erste Tirolerin, die einen Orden gründete. Ihre Kongregation ist heute die zahlenmäßig stärkste Frauengemeinschaft Südtirols. Die Schwestern betreiben das Herz-Jesu-Institut in Mühlbach, das Pädagogische Gymnasium in Bozen sowie das Krankenhaus "Marienklinik" in Bozen und sind in der Mission in Kamerun und Bolivien aktiv.
Kulturgüter der Orden
Organisiert wurde die Onlinetagung vom Bereich "Kultur und Dokumentation" innerhalb der Österreichischen Ordenskonferenz. Die Fachstelle ist eine Beratungseinrichtung für Ordensleute und ihre Mitarbeiter in der Kulturarbeit, besonders für die Verantwortlichen der Archive, Bibliotheken und Sammlungen. Die Erforschung, Pflege und Vermittlung der Kulturgüter der Orden steht dabei im Zentrum. "Die Kulturgüter der Ordensgemeinschaften sind keine musealen Anschauungsobjekte, sondern sind Teil eines lebendigen Wirkens der Orden", so Karin Mayer, Leiterin der Fachstelle. Sie informierte bei der Tagung u.a. über ein anstehendes Großprojekt, das im kommenden Jahr umgesetzt werden soll: die Erstellung einer gemeinsamen Datenbank aller heimischen Klosterbibliotheken.
(Infos: www.ordensgemeinschaften.at)
Quelle: kathpress