Abt zur Sterbehilfe-Debatte: Abhängigkeit gehört zum Menschsein
Im Schatten der zuletzt medienbeherrschenden Themen Pandemie und Terror darf die Debatte um die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe nicht übersehen werden, die dieser Tage den Verfassungsgerichtshof beschäftigt. "Da ist ein weiterer ethischer Dammbruch zu befürchten", warnte der Abt des Stiftes Göttweig, Columban Luser, in den "NÖ Nachrichten" (Mittwoch). Der Benediktiner wandte sich in seinem Kommentar gegen ein Hauptargument der Befürworter: Es sei menschenunwürdig, von der Hilfe anderer abhängig zu sein. Das Gegenteil sei der Fall, so Luser. Abhängig und in Beziehung zu sein gehöre zum Menschsein bereits als im Status des Ungeborenen dazu: "Es ist nicht menschenunwürdig, von der Hilfe anderer abhängig zu sein. Es ist vielmehr unwürdig, das zu behaupten."
Ohne Beziehung zu mehreren anderen Menschen entwickeln wir uns nicht, gab der Abt zu bedenken. Und Beziehung mache Lebensqualität aus, zugleich immer auch abhängig. Als Erwachsener mag man nicht so auf körperliche Hilfeleistungen angewiesen sein wie etwa als Baby oder als alte, pflegebedürftiger Mensch. Aber die emotionalen Bedürfnisse und die damit einhergehenden Abhängigkeiten blieben in allen Lebensphasen gleich, argumentierte Luser: "Jeder - der Gesunde wie der Kranke, der Junge wie der Alte - braucht Anerkennung, Wertschätzung, Zuspruch und Dankbarkeit."
Hintergrund der Äußerungen des Göttweiger Abtes: Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) berät derzeit erneut darüber, ob das Verbot der Sterbehilfe in Österreich weiter bestehen soll. Bereits im September wurde eine mehrstündige öffentliche Verhandlung dazu abgehalten. Befragt wurden sowohl Befürworter als auch Gegner einer Liberalisierung. Ziel der insgesamt vier Antragsteller (darunter zwei Schwerkranke) ist es, die Strafgesetzbuch-Paragrafen 77 ("Tötung auf Verlangen)" und 78 ("Mitwirkung am Selbstmord") zu kippen und somit den assistierten Suizid in Österreich zu ermöglichen.
Quelle: kathpress