750 Millionen Euro: Spendenbereitschaft trotz Corona-Krise groß
Die Großzügigkeit der Österreicher ist trotz der Corona-Krise groß: Auch wenn viele Non-Profit-Organisationen (NPOs) durch die Ausfälle von Charity Events und Sammelaktionen von Rückgängen betroffen sind, werde das Aufkommen insgesamt erstmals die Marke von 750 Mio. Euro erreichen. Diese Prognose stellte der Fundraising Verband Austria - der Dachverband der Spendenorganisationen - bei der online erfolgten Präsentation des Spendenberichtes 2020 am Dienstag. Im Vorjahr wurden insgesamt 725 Mio. Euro gespendet.
6,5 Mio. Menschen oder 73 Prozent der Bevölkerung beteiligen sich derzeit aktiv am Spenden. Und erstmals geben Frauen mehr als die im Schnitt wohlhabenderen Männer. Im Bundeslandvergleich sind die Westösterreicher führend bei der Spendenhöhe; Niederösterreich und das Burgenland haben den höchsten Anteil an Spendern. Vier von fünf gespendeten Euros werden durch das Österreichische Spendengütesiegel geprüft - damit ist Österreich laut dem Fundraising Verband eines der sichersten Spendenländer.
Der Lockdown im Frühjahr 2020 hatte das Spendenwesen kurzzeitig gänzlich zum Erliegen gebracht, wies Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verband Austria, in der Aussendung hin. "Doch die Österreicher haben mit großer Flexibilität reagiert und verstärkt über Online-Kanäle gespendet." Von März bis September habe sich ein Zuwachs an Online-Spenden um 59 Prozent gezeigt. Ein "Wermutstropfen" bleibe, dass viele Organisationen mit Fokus auf Charity Events und Bargeldsammlungen heuer starke Einbußen verkraften müssen. Das Gesamtaufkommen wird laut Lutschinger davon abhängen, wie sich die Spendenaufrufe rund um die Weihnachtszeit auswirken - in der Regel 25 bis 30 Prozent des Jahresergebnisses.
Am leichtesten öffnet sich die Börse von Herr und Frau Österreicher bei Tieren, die als Spendenziel (33 Prozent) heuer erstmals vor den langjährigen Spitzenreitern Kinder (28 Prozent) und Katastrophenhilfe im Inland (19 Prozent) liegen. Obdachlose und sozial Benachteiligte folgen auf den Plätzen. Mit einem Plus von 11 Prozent hat das Spendenziel Tiere auch gegenüber dem Vorjahr am stärksten zugelegt. Aber auch Natur-, Klima-, Umweltschutz, Katastrophenhilfe und Parteien sowie Bürgerinitiativen verzeichneten deutlich mehr Zuspruch.
Rotes Kreuz und Caritas voran
Die beiden "Big Player" im österreichischen Spendenwesen waren 2019 wie schon in den Jahren davor das Rote Kreuz mit 77 Mio. Euro und die Caritas mit knapp 75 Mio. Nach SOS Kinderdorf (38 Mio.), Ärzte ohne Grenzen (24) folgt mit der Dreikönigsaktion (17,6 Mio.) eine weitere kirchliche Initiative. Unter den Top 20 sind weiters das Haus der Barmherzigkeit, Missio (Päpstliche Missionswerke) und Diakonie - Brot für die Welt.
Häufigstes Mittel beim Spenden ist der Erlagschein. Rund 22 Prozent der Österreicher geben laut dem Spendenbericht an, Bettlern Geld gegeben zu haben, darunter vor allem Höhergebildete. Jeder Fünfte spendet bei Sammlungen an der Wohnungstür, rund 17 Prozent bei Sammlungen in der Kirche.
Lücken bei Absetzbarkeit schließen
225 Mio. Euro an Spenden wurden zuletzt steuerlich geltend gemacht. Damit wird jeder dritte Spendeneuro abgesetzt. Nach wie vor gelte die Absetzbarkeit aber nur für bestimmte Bereiche, bemängelte der Fundraising Verband. "Neben Bildung ist auch ausgerechnet der Tierschutz, der beliebteste Spendenzweck der Österreicher, per Gesetz ausgeschlossen", beklagte Günther Lutschinger. Die Bundesregierung solle diese Lücke endlich schließen.
Rund 85 Prozent aller steuerlich abgesetzten Spenden liegen unter 200 Euro, nur 2 Prozent über 1.000 Euro. "Damit ist Österreich kein Land der Großspender", erklärte der Fundraising Verband.
Viel Potenzial sieht der Dachverband im Stiftungssektor, der im Vergleich mit Ländern wie Deutschland und der Schweiz unterentwickelt sei. Dringend notwendig seien die unbegrenzte Fortführung der Spendenabsetzbarkeit für gemeinnützige Stiftungen und die Abschaffung "offensichtlicher Ungleichheiten": So sind etwa Ausschüttungen von Stiftungen für Bildungsprojekte im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit steuerbefreit, nicht jedoch Zuwendungen an österreichische Schulen.
Der Fundraising Verband warb in seiner Aussendung für den #GivingTuesday, den weltweit Millionen Menschen am 1. Dezember feiern - seit dem Vorjahr auch in Österreich: "Jeder kann sich beteiligen und etwas Gutes tun." (Info: www.givingtuesday.at)
Im Spendenbericht 2020 findet sich auch eine "kleine Kulturgeschichte des Spendens", das vielfach religiöse Wurzeln habe: "Neben der Nächstenliebe als Grundwert im Christentum gibt es im Judentum die Zedaka, das Gebot der Wohltätigkeit, oder im Islam die Zakt, eine verpflichtende Abgabe für Bedürftige." Der Bericht steht auf www.fundraising.at/services zum Download zur Verfügung.
Quelle: kathpress