"Fakten helfen": Zwei Ministerinnen für Abtreibungsstatistik
Schwangerschaftsabbrüche sind "immer noch ein Tabuthema", deshalb sei es von Interesse, "mehr über Motive und Gründe, die sich dahinter verbergen, in Erfahrung zu bringen, um Frauen in dieser Konfliktsituation besser unterstützen und begleiten zu können": Mit diesen Worten haben zwei Regierungsmitglieder, die beiden ÖVP-Ministerinnen Susanne Raab (Frauen und Integration) und Christine Aschbacher (Arbeit, Familie und Jugend) die Bürgerinitiative "Fakten helfen!" der "Aktion Leben" befürwortet, die für eine bundesweite anonymisierte Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und die anonyme Erforschung der Motive dafür eintritt.
Raab und Aschbacher gaben ihre befürwortenden, fast wortgleichen und auf der Website www.parlament.gv.at veröffentlichten Stellungnahmen an den Petitionsausschuss des Parlaments im Vorfeld von dessen nächster Sitzung ab, die für 3. Dezember geplant ist. Beide unterstreichen, dass die Einführung einer anonymisierten Abtreibungsstatistik und deren Gründe für die Weiterentwicklung von Präventionsmaßnahmen sowie bedarfsgerechten Unterstützungsangeboten für ungewollte bzw. ungeplante Schwangerschaften "als sinnvoll erachtet" werde.
Allerdings sei die Einführung einer solchen Statistik im türkis-grünen Regierungsprogramm nicht festgehalten. Der Fokus liege auf der Forcierung von Beratung und Unterstützung für Schwangere in Not. Raab und Aschbacher verweisen zudem auf die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, "in dessen Kompetenz eine entsprechende Statistik fallen würde".
Sie selbst befürworten die von der "Aktion Leben" mit bisher 55.000 Unterschriften urgierte Abtreibungsstatistik und Motiverforschung, versichern die beiden ÖVP-Ministerinnen. Dies könne auch Grundlage für insgesamt verbesserte Rahmenbedingungen für werdende Eltern, insbesondere schwangere Frauen sein - etwa bedarfsorientierte Beratung und Unterstützung. Die Anonymität der Frauen müsse dabei gewahrt bleiben und die Fristenregelung dürfe dadurch nicht in Frage gestellt werden, halten Raab und Aschbacher - im Einklang mit den Initiatoren der Bürgerinitiative - fest.
Politik und Gesellschaft müssten Rahmenbedingungen schaffen, die Schwangerschaftsabbrüchen vorbeugen und Frauen "auch Perspektiven aufzeigen, ja zum Kind sagen zu können", heißt es in den beiden Stellungnahmen weiter. Deshalb sei die Unterstützung von Frauen, die ungeplant schwanger sind, von zentraler Bedeutung. Entscheidend sei ein ausreichendes und einfach zugängliches Angebot zur Unterstützung und Beratung. Die aus Familienbudgetmitteln geförderten 380 Familienberatungsstellen seien wichtige Ansprechstellen für Betroffene. Und die Regierung wolle dies weiter ausbauen.
30.000 Abtreibungen pro Jahr in Österreich
Zur nächsten Sitzung des Petitionsausschusses brachte auch die Österreichische Gesellschaft für Familienplanung (ÖGF) eine - ablehnende - Stellungnahme ein, in der Schätzungen von ca. 30.000 Abtreibungen pro Jahr in Österreich erwähnt werden. "Statistiken erhöhen weder die Anzahl der ausgetragenen Schwangerschaften noch reduzieren sie die Anzahl der Abbrüche", gab der gemeinnützige Verein zu bedenken. Dies könne langfristig nur durch explizite Präventionsmaßnahmen wie flächendeckende sexuelle Bildung und Verhütungsversorgung erreicht werden. Die Abtreibungsgründe von Frauen seien zudem seit Jahrzehnten bekannt: Es seien vor allem partnerschafts-, berufs-und ausbildungsbezogene sowie finanzielle Motive.
Eine weitere ablehnende Stellungnahme des Wiener Programms für Frauengesundheit pocht auf das Recht der Frau, im Falle einer ungewollten Schwangerschaft "autonom und selbstbestimmt über die Fortsetzung der Schwangerschaft entscheiden zu können". Da Abtreibung in der Gesellschaft nach wie vor stigmatisiert werde, "wird ein vermeintlich moralischer Unterschied gemacht zwischen einem Schwangerschaftsabbruch und anderen Eingriffen".
Sobotka sagte Unterstützung zu
Die "Aktion Leben" hatte im September ihre bereits 2014 gestartete Bürgerinitiative "Fakten helfen!" nach dem Regierungswechsel zu Türkis-Grün nochmals im Parlament eingebracht. Vertreter des unabhängigen Vereins übergaben dabei knapp 3.400 Unterschriften an Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und schufen damit die formalen Voraussetzungen für einen neuerlichen Anlauf für die Bürgerinitiative, die in den vergangenen beiden Legislaturperioden knapp 55.000 Bürgerinnen und Bürgern unterstützt hatten. Auch sechs ÖVP-Parlamentarier waren bei der Übergabe anwesend. Sobotka sagte seine Unterstützung und die der in dieser Frage eindeutig positionierten ÖVP-Fraktion zu.
(Link: www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/BI/BI_00031/index.shtml)
Quelle: kathpress