Heftige kirchliche Kritik an Vorstoß zu Sonntagsöffnung
Heftige Kritik setzt es von kirchlichen Seiten zum Vorstoß von Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer für eine Sonntagsöffnung an den verbleibenden zwei Adventsonntagen. Als "unsolidarisch und unangebracht" hat etwa der Katholischer Familienverband Österreichs den Plan bezeichnet. "Tausende von Handelsangestellten haben in den vergangenen Wochen unter einem erhöhten Risiko sich selbst anzustecken Höchstleistungen vollbracht. Die Mitarbeiterinnen im Lebensmittelhandel und in den Drogeriemärkten vollbringen diese auch während des Lockdowns", beschrieb KFÖ-Präsident Alfred Trendl die Situation der Angestellten im Handel. "Ihnen jetzt noch die verbleibenden zwei Adventsonntage mit der Familie zu rauben wäre unsolidarisch und unangebracht", kritisierte Trendl.
Der KFÖ-Präsident zeigte sich erfreut über die breite Front, die gegen diesen Vorstoß mobil macht: "Das zeigt, dass der arbeitsfreie Sonntag ein hoch geschätztes Gut in unserer Gesellschaft ist. Es ist schön, dass sich von der Gewerkschaft bis zu kirchlichen Einrichtungen so viele zu Wort melden und Solidarität mit den Handelsangestellten zeigen", so der Präsident der Familienorganisation, die selber Mitglied der Allianz für den freien Sonntag ist.
Für den falschen Weg hielt Trendl allerdings die Ankündigung von ÖGB Präsident Wolfgang Katzian, "man könne über alles reden". Das stimme zwar, aber sich den freien Sonntag durch Prämien und Gehaltszuschläge abkaufen zu lassen, ist für Trendl der falsche Weg. "Es ist elementar wichtig, dass es einen fixen Tag in der Woche gibt, an dem man innehalten kann und den man gestalten kann, wie man will. Dieser Tag darf nicht den wirtschaftlichen Interessen geopfert werden", so der KFÖ-Präsident, der aber auch die Lage der Händler versteht und darum an die Familien appellierte: "Unterstützen Sie die heimische Wirtschaft und kaufen Sie Ihre Weihnachtsgeschenke in Österreich."
Kritik der Katholischen Arbeitnehmer
Kritik kam am Freitag u.a. auch von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) Steiermark. Bei allem Verständnis für die Corona-bedingten Schwierigkeiten der Handelsbetriebe, diene Mahrers Vorstoß letztlich nur einer weiteren Stärkung der großen Handelsketten auf Kosten der kleinen Betriebe in den ländlichen Regionen, so Johannes Labner, stellvertretender Diözesanvorsitzender der KAB Steiermark. Wichtiger wäre laut Labner vielmehr ein Appell an die Österreicher, in solidarischer Gesinnung verstärkt heimische Produkte - auch bei Online-Bestellungen - bei regionalen Anbietern zu kaufen und so die heimische Wirtschaft zu unterstützen.
Ihr klares Nein zu den Vorstößen von Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer, an den Adventsonntagen die Geschäfte offen zu halten, hat die "Allianz für den freien Sonntag" bereits am Donnerstag gesagt. Das von der katholischen Bischofskonferenz initiierte Bündnis mit mehr als 50 Mitgliedsorganisationen aus dem kirchlichen, gewerkschaftlichen und dem zivilen Bereich hält einen solchen Schritt "gerade jetzt" für falsch, die gemeinsame Zeit ohne Konsum- oder Erwerbsdruck sei noch nie so wertvoll gewesen.
Evangelische Kirche spricht von "Hohn"
"Die Forderungen des Wirtschaftskammerpräsidenten Mahrer sind aus Sicht der Evangelischen Kirche im gegenwärtigen Lockdown unangebracht." - Das hat der Wiener evangelische Superintendent Matthias Geist am Freitag in einer Aussendung betont. Geist ist der Vertreter der Evangelischen Kirche in der "Allianz für den freien Sonntag" in Österreich. "Als Verantwortlicher für eine zeitgemäße Lebensform bin ich auch im Sinne des Schutzes der Bevölkerung in Covid-19-Zeiten eindeutig gegen eine Liberalisierung der Sonntagsöffnungszeiten. Der 'Run' auf die Geschäfte bringt den Handel und die potenziellen Käufer selbst in eine Bredouille", so der Superintendent.
Insofern grenze die ausgelöste Debatte an Hohn, in diesem Jahr die Wirtschaft auf diese Weise anzukurbeln und weitere Risiken am Arbeitsmarkt in Kauf zu nehmen. Geist: "Das gesellschaftliche Leben bleibt in Gefahr, wenn der erhoffte Profit über die Gesundheit der Menschen gestellt wird. Was wir jetzt benötigen ist der Blick auf einen sozialen Frieden und die allgemein politische Verantwortung."
Quelle: kathpress