Terrorismus-Experte warnt vor Gefahr von Spaltungen
Nach den jüngsten islamistischen Terroranschlägen von Wien, Nizza und einem Pariser Vorort gilt es "sehr achtsam zu sein, dass wir uns nicht gegeneinander aufhetzen lassen". Das hat der Salzburger Physiker Friedrich Steinhäusler, Experte für Risiko- und Terrorismusforschung und derzeit leitend mit EU-Projekten im Sicherheitsbereich betraut, im Interview der Kooperationsredaktion österreichischer Kirchenzeitungen betont. Bei den Attacken im Ausland sei ein Muster erkennbar, "das darauf hinzielt, Religionen gegeneinander aufzuhetzen, indem man vermeintliche Islamkritiker, Vertreter der Kirche, kirchliche Einrichtungen oder Gläubige angreift. Und auch in Österreich könnte das Potenzial für eine Spaltung gegeben sein, warnte Steinhäusler. Darin sehe er die größte Gefahr von diesen Terroranschlägen.
Mit den Gewaltakten werde "eine Art Glaubenskrieg" vorbereitet, erklärte der Experte. Durch die wiederholten Angriffe sei es möglich, dass Feindbilder entstehen "und man dann verallgemeinert und sagt: Das sind die, die uns töten, die uns angreifen. Wenn das passiert, dass sich Gruppen gegeneinander wenden, dann haben wir eine Spaltung der Gesellschaft in 'Wir' und 'die Anderen'", erläuterte Steinhäusler. "Und wenn diese Spaltung in Europa überhandnehmen sollte - nicht nur in Frankreich, in Deutschland, in Belgien oder in Österreich -, dann haben wir einen kulturellen Flächenbrand."
Entgegenwirken könne man dieser Bedrohung durch Information, Erziehung und eine richtig getroffene Gewichtung: "Wenn wir das Maß verlieren angesichts dessen, was diese Attacken wirklich bedeuten an Gefährdung, an Schrecklichem, dann haben die Terroristen gewonnen." In der Bildung vermisst der Terrorismusforscher Qualifizierung von Risikomanagement. Es werde nicht gelernt, eine Bedrohung objektiv zu analysieren und das daraus resultierende Risiko zu bewerten.
Am wichtigsten ist es nach den Worten Steinhäuslers, Parallelgesellschaften "mit allen Mitteln" zu vermeiden. Absonderung bereite einen sehr fruchtbaren Boden für Extremismus. "Denn wenn jemand sagt, ich gehöre nicht mehr dazu, dann wird er sich etwas suchen, wo er glaubt dazuzugehören" und sei anfällig für fragwürdige Identifikationsangebote. Seien Parallelgesellschaften erst einmal entstanden wie im Berliner Bezirk Neukölln oder in London, dann ist es laut dem Experten "viel schwieriger, diese Gruppen wieder zu integrieren, weil sie das gar nicht mehr wollen".
Quelle: kathpress