Zsifkovics: Angst darf nicht über Menschlichkeit siegen
Corona habe die oft schon vergessene Erfahrung wieder hervorgehoben, "dass unser Lebensweg nicht vollständig vorausplanbar ist". - Das betont der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics in seinem Hirtenbrief zum Martinifest (11. November). Es zeige sich, "dass viele unserer gewohnten Sicherheiten trügerisch sind und dass unser menschliches Wohl äußerst zerbrechlich ist". Zuletzt habe der Terroranschlag in Wien diese Erfahrung "in bittersten Schmerz verwandelt", so der Bischof. Die Terroristen würden freilich erst dann siegen, "wenn wir uns polarisieren lassen, wenn geschürte Vorurteile und Angst über Mitleid und Menschlichkeit siegen". Nicht wegschauen dürfe man allerdings, "wenn sich Parallelgesellschaften bilden, die unsere humanistischen Werte nicht respektieren wollen".
Bischof Zsifkovics erinnert in seinem Schreiben auch an die Corona-bedingte Absage des großen Diözesanjubiläums-Festes im Juni und gibt Hoffnung, dass das Fest 2021 als Doppeljubiläum - 60 Jahre Diözese Eisenstadt, 100 Jahre Burgenland - nachgeholt werden kann. Die Kirche im Burgenland habe zwar geplant, "ein Fest des Dankes für die Errichtung unserer Diözese" zu feiern, doch "das Virus hat uns in unserer technologisch so hoch entwickelten und vor Überfluss strotzenden kleinen Welt vor Augen geführt, dass nicht einmal das nackte Leben, die Gesundheit, zwischenmenschliche Kontakte und das tägliche Brot eine Selbstverständlichkeit sind".
Die Gesellschaft habe geplant, "immer reicher, schöner, fitter und älter zu werden", doch in einer Zeit plötzlicher Not und auch des Terrors hätten viele gelernt, "neu zu beten, neu über das Leben als Geschenk Gottes nachzudenken, wieder dankbar zu sein für alles Gute und Schöne, da nichts von alledem selbstverständlich ist".
Bischof Zsifkovics verweist in dem Hirtenwort auf den heiligen Martin, dessen Leben auch anders als geplant verlaufen sei. "Geplant hatte Martin von Tours eine Karriere als Soldat - doch die äußeren Umbrüche der damaligen Gesellschaft und der innere Umbruch in seiner Seele machten aus ihm einen Heiligen. Geplant hatte er, sich als Mönch zurückzuziehen - doch die Menschen verlangten in ihrer Not nach seiner Begleitung und Führung als Bischof. Martinus wuchs als Christ durch die Überraschungen in seinem Leben", schreibt Zsifkovics.
Spiritualität, Synodalität und Solidarität
Im Hirtenbrief appelliert Zsifkovics an die Gläubigen, sich im Sinne des Hl. Martin in der aktuellen schwierigen Zeit um drei "S" zu bemühen: Spiritualität, Synodalität und Solidarität. "Ohne echtes Gebet - ohne Spiritualität - gibt es kein Christsein", so der Bischof zum ersten "S". Das Beten sollte jeden Tag erfolgen, und der Sonntag sollte mit der Eucharistiefeier begangen werden.
Zur "Synodalität" schreibt Zsifkovics, es gehe darum, die Kirche als Weggemeinschaft zu sehen, "in der sich die Einheit mit Gott und die Einigkeit unter den Menschen verwirklicht". Auf diesem gemeinsamen Weg sei jeder Getaufte berufen, um mit seinen Charismen an der Sendung der Kirche mitzuwirken, also Christus zu den Menschen zu bringen. Dabei brauche es "von allen - Bischof, Klerus und Volk Gottes - die Bereitschaft zur Einheit und Zusammenarbeit, zum Zuhören und Lernen, vor allem bei notwendigen Veränderungen und Erneuerungen".
Hilfe für Pandemieverlierer
Schließlich formuliert Zsifkovics einige Anliegen zur Solidarität: "Zeigt uns diese Corona-Pandemie nicht viele neue Arten der Armut heute, die wir als Kirche und als Christen erkennen sollten? Als Kirche müssen wir uns heute vor allem der Pandemieverlierer annehmen." Weil er "Hirte einer Martinsdiözese" sei, so Zsifkovics, habe er in diesem Sinne etwa einen Lehrlingsfonds mit Spenden von Priestern, Diakonen, Ordensleuten und hauptamtlichen Mitarbeitern der Diözese eingerichtet. Nachsatz: "Für diese konkrete Martinstat sage ich allen auf diesem Wege ein herzliches Vergelt´s Gott." Und eine weitere Bitte hat der Bischof: "Werden wir nicht müde, Menschen auf der Flucht weiterhin beizustehen!"
Die Diözese Eisenstadt kann den hl. Martin, ihren Landespatron, heuer nur eingeschränkt feiern. Unter strengen Covid-Sicherheitsvorkehrungen wird am kommenden Mittwoch, 11. November, um 9 Uhr der Festgottesdienst im Eisenstädter Martinsdom stattfinden. Bischof Zsifkovics wird dem Gottesdienst vorstehen. Die Messe wird live übertragen auf www.martinus.at/live.
Im Rahmen des Gottesdienstes werden auch die fünf neuen Kanoniker der Domkirche vom Bischof installiert. Zudem wird der Bischof einige diözesane Auszeichnungen verleihen. Die traditionelle Festakademie musste coronabedingt abgesagt werden.
Quelle: kathpress