Nach Anschlag: Wiener Theologen fordern Dialog über politischen Islam
Zahlreich waren die Stimmen und Stellungnahmen, die nach dem Terroranschlag von Wien am vergangenen Montagabend, 2. November, ihre Betroffenheit zum Ausdruck brachten und betonten, Religionen stünden für Frieden und Gerechtigkeit ein und seien keine Handlanger der Gewalt oder des Terrors. So wichtig Beteuerungen dieser Art seien, so sehr würden sie aber auch einen gewissen "Abnützungseffekt" zeitigen und in der Gefahr stehen, von den dahinter liegenden Problemen wie etwa einem Dialog über den politischen Islam abzulenken. Das haben die beiden Wiener Theologen Jan-Heiner Tück (katholisch) und Ulrich Körtner (evangelisch) in einer gemeinsamen Stellungnahme in der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ) am Freitag betont.
Angesichts der Tatsache, dass es im Spektrum des Islams durchaus Anhänger gebe, "die ihren Glauben so interpretieren, dass sie Gewalt gegen Andersgläubige für legtim halten", brauche es einen neuen Dialog über "politische Religion" im Allgemeinen und den "politischen Islam" im Besonderen, so Tück und Körtner: "Was wir jetzt brauchen, ist ein redlicher, von wechselseitigem Vertrauen wie von wechselseitiger Bereitschaft zur Selbstkritik getragener Diskurs über Erscheinungsformen, Ambivalenzen und Gefahren von politischer Religion im Allgemeinen wie einem politischen Islam im Besonderen."
Die Probleme müssten offen angesprochen werden - ein "muslimisches Opfernarrativ", welches in jeder Kritik gleich einen "antiislamischen Rassismus" oder "Islamophobie" erkenne, führe ebenso wenig weiter wie christliche Stimmen, "die schon den Begriff des politischen Islams für denunziatorisch halten und sich dadurch mit den reaktionären und fundamentalistischen Kräften innerhalb des Islams solidarisieren, statt die Zusammenarbeit vornehmlich mit jenen Musliminnen und Muslimen zu suchen, die für einen reformorientierten, liberalen Islam eintreten und dabei auch vor muslimisch motivierter Islamkritik nicht zurückscheuen", so Tück und Körtner.
Quelle: kathpress