Fünf Jahre "feinschwarz"
"Fundierter Theologie eine Stimme in den Neuen Medien geben"
Fünf Jahre "feinschwarz"
"Fundierter Theologie eine Stimme in den Neuen Medien geben"
Es sollte nicht polternd auftreten, sondern "mit zarter Feder Positionen markieren, kommentieren und analysieren" und zudem einer "wissenschaftlich fundierten Theologie, die sich dem Zweiten Vatikanischen Konzil verpflichtet fühlt, in den neuen Medien eine zusätzliche Stimme geben": Mit diesen Worten beschreibt der Wiener Pastoraltheologe Prof. Johann Pock das Ziel, mit dem das theologische Online-Feuilleton "feinschwarz" vor fünf Jahren - im Oktober 2015 - an den Start gegangen ist. Ein Ziel zugleich, das weiterhin aktuell ist, so Pock im Interview mit "katholisch.at" - schließlich würden theologische Fachzeitschriften seit Jahren unter Auflageneinbußen leiden und zudem verlange die "starke Präsenz reaktionärer Gruppen" gerade im Online-Bereich nach einem Gegengewicht.
Lesen Sie im Folgenden das Interview mit Prof. Johann Pock im Wortlaut:
Herr Prof. Pock, vor fünf Jahren wurde "feinschwarz" gegründet. Was war der "Gründungsimpuls" bzw. auf welche Herausforderung galt es damit zu reagieren?
Der Gründungsimpuls zu feinschwarz lag in einer doppelten Wahrnehmung: Einerseits merkten wir, dass der herkömmliche wissenschaftliche Zeitschriftenmarkt seit Jahren mit sinkenden Abo-Zahlen zu kämpfen hatte. Dies führt seit Jahren zum Einstellen auch renommierter Zeitschriften. Andererseits gab es in diversen Internetforen eine starke Präsenz reaktionärer Gruppen, die sich teilweise sogar als offiziöse Kirchenorgane gerierten. Dem wollten wir etwas entgegensetzen. Unsere Idee lag nun darin, einer wissenschaftlich fundierten Theologie, die sich dem Zweiten Vatikanischen Konzil verpflichtet fühlt, in den neuen Medien eine zusätzliche Stimme zu geben.
Eine Besonderheit von "feinschwarz" liegt in der redaktionellen Freiheit...
Ja, ganz wichtig war und ist uns unsere Unabhängigkeit: Wir werden weder von einer kirchlichen noch von einer staatlichen oder wirtschaftlichen Stelle aus finanziert, sondern rein durch Spenden. Damit liegt auch die Entscheidung, was wir veröffentlichen und wie wir es veröffentlichen, rein in den Händen der Redaktion.
Eine Besonderheit zeichnet diesbezüglich unsere Redaktion aus: Es gibt keine Chefredaktion. Das bedeutet, dass die Entscheidung über die Veröffentlichung jeweils in den Händen der 2-3 Personen in der jeweiligen Monatsredaktion liegt. Wir versuchen, unsere interne Redaktionsarbeit so demokratisch als möglich zu gestalten – was bei 15 Personen dann gar nicht so einfach ist. Die wirtschaftliche Führung von feinschwarz liegt in einer kleinen Vereinsstruktur, die auch garantiert, dass hier rechtlich und finanziell alles abgesichert ist. Der kleine gemeinnützige Verein im Hintergrund garantiert somit auch die Handlungsfreiheit der Redaktion.
Ein weiteres Ziel lag und liegt in der Aktualität: die herkömmlichen theologischen Zeitschriften haben normalerweise eine langfristige Planung. Wir können manchmal über Nacht auf aktuelle Ereignisse reagieren und so rasch Informationen und vor allem auch fundierte Analysen bieten – wie zuletzt zur Enzyklika des Papstes, zu gesellschaftlichen oder kirchlichen Ereignissen, bei Nachrufen oder auch als Reaktion auf Diskussionen, wie sie z.B. im Umfeld von Corona geführt wurden.
Ein Anliegen von uns wäre, dass wir nicht nur im innerkirchlichen Kreis gelesen werden, sondern auch darüber hinaus. Dies geschieht zum Teil bereits – wir möchten diese Seite von feinschwarz noch ausbauen
Zugleich haben wir nicht nur ein Format (den Essay), sondern sehr unterschiedliche. Und die Klickzahlen für die Beiträge, so nett eine große Resonanz auch manchmal ist, ist nicht das primäre Interesse; vielmehr geht es darum, Themen zu platzieren, die vielleicht auch manchmal quer liegen. Oder die nur wenige Leute ansprechen und interessieren. Da wir ja keine wirtschaftlichen Interessen mit feinschwarz verbinden, können hier auch unorthodoxe Themen zu Wort kommen. Und Personen, die nicht bereits auf Bestsellerlisten stehen.
Schließlich bietet feinschwarz auch eine ausgezeichnete Publikationsmöglichkeit für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Der Druck, qualitätsvolle Veröffentlichungen vorweisen zu können, wird für wissenschaftliche Karrieren immer größer. feinschwarz ist eine eingetragene Zeitschrift mit einer qualifizierten Redaktion, sodass wir hier auch zitierfähige Publikationen für junge Frauen und Männer ermöglichen, die es bei den großen Zeitschriften nicht so leicht und so rasch schaffen würden.
Gibt es besondere "Highlights", die Ihnen nach diesen fünf Jahren noch in Erinnerung sind?
Zu den Highlights gehören Zuschriften von Leserinnen und Lesern, die sich bedanken. Ganz aktuell holen wir gerade Lesermeinungen ein: Was ihnen an feinschwarz gefällt, warum sie es lesen etc. - Ein Mann, Jg. 1934, schreibt uns z.B. ausführlich, dass er es regelmäßig liest, mit den Worten: "Ich bin sehr dankbar, dass es sie gibt!"
Natürlich sind einzelne Beiträge, die besonders große Resonanz erhalten haben, speziell im Gedächtnis: So z.B. der Artikel über das Stadthallenevent im Juni 2019 mit der Segnung von Sebastian Kurz. Oder Beiträge, die nicht nur an 2 Tagen gut laufen, sondern über Jahre immer wieder angeklickt werden. Da zählt z.B. der Artikel von Teresa Schweighofer über "Das Einhorn" dazu; oder Rainer Buchers Beitrag über Hitlers Theologie. Berührend und mit viel Echo verbunden waren heuer in den Monaten des Lockdowns die unterschiedlichen Beiträge zu den Erfahrungen mit Corona (in der Rubrik "Daheim: Die Kolumne").
Persönlich ganz spannend finde ich Beispiele und Analysen von diversen Praxisorten: neue kirchliche Orte, Friedhofsbesuche, karitative Aktionen und Räume. Und das Kennenlernen von Personen, die vorgestellt werden – über Rezensionen, über Interviews. Und schließlich ist es spannend, wenn einzelne Beiträge eine hohe Resonanz bei LeserInnen erreichen und sie zur Gegenrede, zu LeserInnenbriefen oder zu eigenen Beiträgen animieren, sodass hier auch eine sehr gute Diskussion erfolgen kann.
Wohin soll / kann sich feinschwarz noch entwickeln?
Wir versuchen in der Redaktion, nicht stehenzubleiben. So ist immer wieder der Punkt, ob und wie wir andere Formate als nur das geschriebene Worte einführen könnten. Die Seite ist nach 5 Jahren nun doch auch ein wenig in die Jahre gekommen – so arbeiten wir seit Längerem daran, einen Relaunch der Oberfläche anzugehen. Da es aber ein ehrenamtliches Projekt ist und wir keine fixe Redaktionskraft haben, sind solche Weiterentwicklungen auch abhängig von den Finanzen und unseren persönlichen zeitlichen Ressourcen. Inhaltlich und thematisch versuchen wir uns zu öffnen: zunächst war es die Öffnung innerhalb der theologischen Fächer. Dann die ökumenische Öffnung mit Beteiligung evangelischer KollegInnen in der Redaktion. Ein Anliegen von uns wäre, dass wir nicht nur im innerkirchlichen Kreis gelesen werden, sondern auch darüber hinaus. Dies geschieht zum Teil bereits – wir möchten diese Seite von feinschwarz noch ausbauen.
Das Interview führte Henning Klingen