Pax Christi: Nicht nur der Islam wird "ideologisch vereinnahmt"
Vorbehalte gegen die von der Bundesregierung eingerichtete "Dokumentationsstelle Politischer Islam" hat Pax Christi Österreich geäußert. Sinnvoller wäre laut der katholischen Friedensbewegung die Einrichtung einer Dokumentationsstelle gegen jede und nicht nur eine einzige "ideologisch vereinnahmte Religion" - also beispielsweise eine "Dokumentationsstelle gegen gewaltbereiten Extremismus und Fundamentalismus", so der Vorschlag in einer Aussendung vom Freitag.
Die Bedenken von Pax Christi gegen die von Integrationsministerin Susanne Raab als "Leuchtturmprojekt" bezeichnete Einrichtung: Zum einen werde dadurch impliziert, dass es das Problem des politischen Extremismus nur unter Muslimen gebe. Durch gewalttätige Ideologisierung zum Werkzeug des Extremismus zu werden, sei aber für jede Religion eine Gefahr. Außerdem werde - so Pax Christi weiter - "durch die selektive Ausrichtung auf den Islam, die alle Muslime unter Generalverdacht stellt, integrative Zielsetzungen deutlich erschwert". In Frieden zu leben setze den Verzicht auf Stigmatisierung von Glaubensgruppen und gelebte Integrationsbemühungen voraus.
Koran ermutigt zu Gewaltfreiheit
Bestätigt sieht sich Pax Christi Österreich durch den Studienteil im Rahmen des jüngsten Präsidiumstreffens im Montafon (Vorarlberg), der dem Thema "Islam und Gewaltfreiheit" gewidmet war. Adnane Mokrani, der seit 2005 als damals erster muslimischer Lehrer an der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom Islamwissenschaft und christlich-muslimische Beziehungen lehrt, legte in seinem Vortrag dar, dass sich im Koran keine Grundlage für die Rechtfertigung expansionistischer Kriege, sondern nur zur Selbstverteidigung findet. Etliche Verse würden sogar zur radikalen Gewaltfreiheit ermutigen, die eng mit der islamischen Betonung der Barmherzigkeit verbunden sei und so ein Aufbrechen von Gewaltkreisläufen ermögliche. Mokrani zitierte auch die Papstenzyklika "Evangelii Gaudium", wonach "der wahre Islam und eine angemessene Interpretation des Korans jeder Gewalt entgegenstehen".
Im Blick auf die Entwicklungen im "arabischen Frühling" stellte Mokrani fest, dass Gewaltfreiheit die beste Form sei, gegen Diktaturen vorzugehen. Dass gewaltfreier Widerstand gegen Unrechts-Regime in muslimischen Regionen keine Neuigkeit darstellt, bekräftigte der Islamwissenschaftler mit Kurzporträts von so agierenden Muslimen - etwa die pakistanische Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai oder den Mahatma-Gandhi-Vertrauten Khan Abdul Ghaffar Khan.
Co-Veranstalter des Studienteils war die christlich-islamische Dialoggruppe der Fokolar-Bewegung, das Thema wurde vor dem Hintergrund des Internationalen Tags der Gewaltlosigkeit (2. Oktober) gewählt. Der Innsbrucker Sozialethiker und Präsident von Pax Christi Österreich, Wolfgang Palaver, gab vor dem Referat Mokranis einen Überblick über die "Catholic Nonviolence Days of Action".
Raab: "Nicht gegen den Islam oder Muslime"
Ministerin Raab hatte im Sommer zur "Dokumentationsstelle Politischer Islam" erklärt, damit solle eine bestehender "blinder Fleck in der Extremismusforschung" behoben werden. Sie unterstrich zugleich gegenüber der Kritik der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, dass die neue Einrichtung "im Einsatz für Religionsfreiheit" und "nicht gegen den Islam oder gegen Muslime gerichtet" sein werde. Es sei vielmehr eine Maßnahme gegen ausländische Netzwerke und Einflüsse, die bloß "unter dem Deckmantel der Religion" das Zusammenleben in Österreich, die demokratische Grundordnung und die Integration gefährdeten.
Mittlerweile sind die Leitungsposten in der Dokumentationsstelle besetzt: Lisa Fellhofer, bisher für Wissensmanagement und Internationales beim Integrationsfonds zuständig, übernimmt die Geschäftsführung. Den wissenschaftlichen Beirat leitet der renommierte Islamwissenschafter Mouhanad Khorchide.
Quelle: kathpress