Caritas zu Studie über Corona-Folgen: Sozialstaat weiter stärken
Der Sozialstaat muss mit Blick auf Arbeitslosigkeit und Armutsbekämpfung weiter gestärkt werden. Das ist laut Caritas-Präsident Michael Landau die notwendige Konsequenz aus einer vom Sozialministerium beauftragten und am Donnerstag präsentierten Studie, die die "sozialen Verwerfungen" der Corona-Krise ermitteln sollte. Landau in einer ersten Stellungnahme dazu am Freitag:
Die Studie zeigt, dass die bisher ergriffen Krisenmaßnahmen Wirkung gezeigt haben. Sie macht aber auch deutlich, wo Lücken im System rasch geschlossen werden müssen.
Handlungsbedarf sieht der Caritas-Chef vor allem im Hinblick auf die "dramatisch hohe Arbeitslosigkeit". Er sprach sich in seiner Aussendung für eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes bei Beibehaltung der Notstandshilfe aus. Und: Sozial- und Versicherungsleistungen müssten ebenso wie die Sozialhilfe Neu "armutsfest sein".
Die Caritas sehe in ihrer täglichen Arbeit: Die durch die Pandemie ausgelöste Krise "ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen". Viele bei der kirchlichen Hilfsorganisation um Unterstützung bittende Menschen hätten sich erstmals an die Caritas gewandt. Viele hätten ihre Ersparnisse aufgebraucht, gestundete Energierechnungen und Mieten würden fällig, den Betroffenen bleibe kaum noch Geld für den Lebensbedarf. Dennoch: "In vielen Bereichen wirkt der Sozialstaat", mit verschiedenen Krisenmaßnahmen habe die Regierung für viele Menschen "zumindest vorerst das Schlimmste verhindern" können. Als Beispiele nannte Landau die Einmalzahlungen für Arbeitslose und Familien, die temporäre Aufstockung der Notstandshilfe und auch die jüngst beschlossene Erhöhung der Ausgleichszulage auf 1.000 Euro.
Nach "Zwischenschritten" nun Nachhaltigkeit
Diese Kriseninterventionen erachtet die Caritas jedoch nur als "Zwischenschritte". Landau: "Wir werden einen langen Atem und weitere Maßnahmen brauchen", die nachhaltig und noch zielgenauer gesetzt werden müssten. Vor allem im Bereich des Arbeitslosengeldes und im Bereich der Sozialhilfe Neu brauche es dringend Nachbesserungen, wies der Caritas-Präsident hin.
Anlass zur Sorge gäben besonders die deutlich über 400.000 arbeitslos Gemeldeten im September - um 22 Prozent mehr als im Vorjahr. Diese in den kommenden Wochen wohl noch ansteigenden Zahlen sind für Landau "alarmierend", denn zwischen Arbeitslosigkeit und Armutsgefährdung bestehe ein signifikanter Zusammenhang. Zusätzlich zu zielgerichteten Transferleistungen für Betroffene sei eine "Beschäftigungsoffensive, die niemanden zurücklässt", notwendig.
Von der Bundesregierung erwartet die Caritas ein geschlossenes Krisenmanagement: Es gelte alles zu tun, "um zu verhindern, dass sich Armut in Österreich weiter verschärft und dass niemand durch unser soziales Auffangnetz fällt". Landau begrüßte ausdrücklich die Ankündigung der Regierung, eine Nationale Strategie zur Armutsvermeidung zu entwickeln: "Das ist der richtige Schritt zur richtigen Zeit." Die Caritas werde ihre Erfahrungen der letzten Monate gerne in den geplanten Stakeholder-Dialog einbringen, versicherte Landau.
Studie sieht bisher gute Abfederung
Sozialminister Rudolf Anschober bekräftigte bei der Studien-Präsentation am Donnerstag, Österreich sei bisher gut durch die Krise gekommen sei, man dürfe aber in den Bemühungen nicht nachlassen. Die von seinem Ministerium beauftragte Studie solle dazu dienen, sich die soziale Situation spezifisch anzuschauen. Die Corona-Krise habe zu Verschiebungen geführt, denen man auf den Grund gehen müsse, so Anschober: "Unser Ziel ist es, dass aus der Coronakrise keine Sozialkrise wird."
Die Coronakrise "war und ist massiv", aber "sie wurde durch die Sozial- und Wirtschaftspolitik der Regierung ganz wesentlich abgefedert", so die Analyse von Wifo-Chef Christoph Badelt über die Studienergebnisse. IHS-Direktor Martin Kocher prognostizierte einen Einbruch des Bruttoinlandsprodukts um sechs bis sieben Prozent und eine weiterhin hohe Arbeitslosigkeit. Österreich werde erst fünf Jahre nach Ende der Krise vielleicht den Stand vor der Krise erreichen, so Kocher. Wie Österreich schlussendlich durch die Krise gekommen sein wird, hänge von deren Dauer ab, waren sich die zwei Experten einig.
Die wohl um 15 Prozentpunkte von 70 auf fast 85 Prozent wachsende Staatsverschuldung dürfe die Regierung nicht vor weiteren Krisenmaßnahmen abhalten, riet Badelt. Die staatlichen Ausgaben würden auch 2021 und 2022 nicht reduziert werden können. Schuldenabbau sei derzeit nachrangig, jetzt müsse die Politik weiterhin das Signal setzen, dass sie die Menschen nicht im Stich lässt.
Quelle: kathpress