"Keine Kirchenrechts-Verschärfung"
Wiener Kirchenrechtler über Vatikan-Dokument zur Sterbehilfe
"Keine Kirchenrechts-Verschärfung"
Wiener Kirchenrechtler über Vatikan-Dokument zur Sterbehilfe
Das am Dienstag vom Vatikan veröffentlichte Dokument "Samaritanus bonus" über Fragen des Lebensendes stellt keine Verschärfung der geltenden Kirchenposition gegenüber Suizidbeihilfe und aktiver Sterbehilfe dar: Das hat Andreas Kowatsch, Professor für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, im Gespräch mit religion.ORF.at klargestellt. Schon zuvor sei es für die katholische Kirche "unverhandelbar" gewesen, dass das Leben geschützt werden müsse. Das neue Dokument weise darauf erneut hin.
In etlichen Medienschlagzeilen war der 23-seitige Brief dargestellt worden als ein neues Verbot des Vatikans für den Empfang von Beichte und Krankensalbung für Menschen, die um aktive Sterbehilfe oder Suizidbeihilfe bitten. Dabei handle es sich jedoch um keine Neuerung, betonte der Wiener Kirchenrechtler. Schon bisher sei es aus Kirchensicht eine "schwere Sünde" gewesen, sich gegen einen wesentlichen Inhalt des Glaubens zu stellen, in deren Folge man die Sakramente nicht empfangen kann. Letzteres wird erst dann wieder möglich, wenn sich Suizidwillige oder deren Helfer von ihrer Entscheidung distanzieren.
In dem Dokument der Glaubenskongregation gehe es aber nicht um eine "Verurteilung von Menschen, die nach Hilfe schreien", betonte Kowatsch. Das Anliegen der Kirche sei es, deutlich zu machen, dass das Bekenntnis zum freiwilligen Sterben "nicht dem Glauben entspricht". Bei Menschen, die in einer Notsituation unter Schmerzen ängstlich und verzweifelt sind, könne die "persönliche Verantwortung" aber gegen null tendieren, bemerkte der Kirchenrechtler.
Eine "neue Schärfe" der Kirche ortete Kowatsch in "Samaritanus bonus" aber durchaus - nämlich in Bezug auf jene Menschen, die das Umfeld für Sterbehilfe bereiten. Das Schreiben sei eine "dringende Einladung an Katholikinnen und Katholiken, alles zu tun, dass Menschen nicht alleine sterben" und eine ebenso dringende Einladung an Staaten, auf Palliativmedizin und nicht auf eine Liberalisierung von aktiver Sterbehilfe zu setzen, so Kowatsch.
Quelle: Kathpress