Vatikan bekräftigt Verbot aktiver Sterbehilfe
Aus Sicht des Vatikan bleiben aktive Sterbehilfe und assistierter Suizid weiter ethisch verboten. In einem am Dienstag veröffentlichten Papier bekräftigt die Glaubenskongregation die katholische Lehre, nach der solche Schritte die ethischen und rechtlichen Grenzen der Selbstbestimmung überschreiten. Zugleich wendet sich die Vatikanbehörde gegen einen "unverhältnismäßigen und entmenschlichenden Einsatz von Technologien", vor allem in den kritischen Phasen des Lebens. Das 23 Seiten umfassende Schreiben auf Italienisch trägt den Titel "Samaritanus bonus" ("Der barmherzige Samariter").
Lebensverkürzende Maßnahmen seien Zeichen einer "Wegwerfkultur" und keine Lösungen für die Probleme todkranker Patienten, heißt es in dem als "Brief" bezeichneten Dokument, das die Unterschriften von Glaubenspräfekt Kardinal Luis Ladaria Ferrer und dem Sekretär der Kongregation, Erzbischof Giacomo Morandi, trägt. Das Schreiben betont die unaufgebbare Würde des Menschenlebens "auch in seinen extremen Phasen des Leidens und Todes".
Schmerz und Tod könnten nicht die letzten Kriterien sein, nach denen sich die Menschenwürde bemesse, so die Glaubensbehörde. In komplexen Gesundheitssystemen drohe das Verhältnis zwischen Arzt und Patient auf technische und vertragliche Aspekte reduziert zu werden. Dieses Risiko bestehe vor allem in Ländern, in denen man Beihilfe oder gar gewerbsmäßige Hilfe zum Suizid sowie Tötung auf Verlangen legalisiere.
Hinter dem Verlangen von Schwerkranken nach einer Beendigung ihres Lebens stehe fast immer der Ruf nach Hilfe und Liebe, so das Schreiben weiter. Die Antwort darauf müsse in Beistand und Zuneigung liegen. Faktoren bei einem Todeswunsch seien auch nicht behandelte Schmerzen, Mangel an "menschlicher und christlicher Hoffnung" und unzureichende psychologische und spirituelle Betreuung.
Legitim ist es aus Sicht der katholischen Kirche hingegen, solche Maßnahmen abzulehnen, die nur eine geringfügige und schmerzhafte Lebensverlängerung bewirken. Ein Verzicht auf unverhältnismäßige Therapien könne in Achtung vor dem Willen der sterbenden Person erfolgen. Das Dokument verweist dabei auf die Möglichkeit von Patientenverfügungen.
Am aktuellen gesellschaftlichen Umgang mit Leid kritisiert der Vatikan eine verengte Auffassung von Lebensqualität und ein falsches Verständnis von Mitgefühl, ferner einen Individualismus, der andere als Last betrachtet, und einen heimlichen Wunsch nach Befreiung von den Grenzen der Körperlichkeit. Angst vor Leiden und Tod seien Hauptursachen für den Versuch, die "Ankunft des Todes zu kontrollieren" und zu managen.
Der Empfang von Beichte und Krankensalbung ist laut dem Dokument für jene Menschen, die um aktive Sterbehilfe oder Suizidbeihilfe bitten, nicht möglich, sofern sie sich von ihrer Entscheidung nicht distanzieren. Dennoch sei eine nahe Begleitung dieser Personen angebracht, um den Weg zur Zulassung zu den Sakramenten wieder zu öffnen, heißt es - "besonders wenn die Euthanasie nicht sofort oder unmittelbar bevorsteht". Jegliche Geste der Zustimmung zu der Entscheidung müsse jedoch vermieden werden, um nicht "Mittäter" zu werden.
Lob für Palliativmedizin
Nachdrücklich spricht sich die Glaubenskongregation in dem neuen Schreiben für eine Förderung der Palliativmedizin aus, besteht jedoch auf einer klaren Abgrenzung zur Suizidbeihilfe; diese sei in einigen Ländern nicht gegeben. Auch eine "Herbeiführung des Todes" durch die Einstellung künstlicher Ernährung wird als unzulässig abgelehnt.
Eine Palliativversorgung verlangt die Kirche auch im Fall von lebensverkürzenden Erkrankungen von Embryonen und Neugeborenen. In dem Zusammenhang spricht das Dokument von einer "manchmal obsessiven Anwendung der Pränataldiagnostik". Eine Abtreibung sei unter keinen Umständen erlaubt. Die "Verwendung der Pränataldiagnostik für selektive Zwecke" sei Ausdruck einer "eugenischen Mentalität" und in schwerwiegender Weise unzulässig.
In seiner Argumentation fußt das Papier im Wesentlichen auf einer früheren Erklärung der Glaubenskongregation von 1980 und auf Lehrschreiben von Papst Johannes Paul II. (1978-2005), aber auch auf Äußerungen des amtierenden Papstes Franziskus. Dieser beklagte wiederholt eine "Wegwerfkultur" gegenüber Kranken und Schwachen, mangelnde Zuwendung zu Leidenden und neue Vorstellungen einer individualistischen Selbsterlösung.
Quelle: Kathpress