Covid bringt Caritas an Grenzen der Hilfeleistung
Für viele Menschen in Palästina geht es nach einem halben Jahr Covid-Pandemie um das reine Überleben. Das berichtete Sr. Bridget Tighe, Direktorin der Caritas Jerusalem, in einer Videobotschaft im Rahmen des "Orient-Online-Tages" (Montag) der österreichischen "Initiative christlicher Orient" (ICO). "Die Menschen nutzen ihre Ersparnisse, Familien helfen sich gegenseitig, Kirchen und Moscheen helfen den Ärmsten, und Organisationen, einschließlich der Caritas, geben Lebensmittel, Hygieneartikel, Lernspielzeug für Kinder und andere Nothilfe einschließlich Arztrechnungen." Alle Beteiligten seien nun aber am Ende ihrer Möglichkeiten angekommen. Die Notfallmaßnahmen könnten nicht mehr fortgesetzt werden, schlug Tighe Alarm.
Die Jerusalemer Caritas-Direktorin ist eine von vielen Kirchenvertretern und Projektpartnern der ICO, die sich am Montag mit Berichten und Grußbotschaften zum "Orient-Online-Tag" eingestellt haben. Da die traditionelle ICO-Jahrestagung in Salzburg heuer coronabedingt abgesagt werden musste, wollte das in Linz ansässige Hilfswerk im Rahmen eines "Online-Tages" über die aktuelle Situation in den Schwerpunktländern Libanon, Syrien, Irak, Palästina/Israel, Jordanien und Südosttürkei, informieren. Die zahlreichen Video, Audio- und Printberichte sind seit Montagfrüh auf der ICO-Website www.christlicher-orient.at für alle Interessierten freigeschaltet.
Abertausende Palästinenser, die sich als Tagelöhner oder in prekären Arbeitsverhältnissen in Israel oder Palästina verdingten, hatten schon Anfang März - bedingt durch den Corona-Lockdown - mit einem Schlag ihre Arbeit verloren, berichtete Sr. Tighe. Ein soziales Netz gibt es in Palästina nicht. Dafür sei ein Anstieg des Drogen- und Alkoholmissbrauchs und auch von häuslicher Gewalt zu verzeichnen.
Die Caritas Jerusalem versorgt, auch mit Unterstützung der ICO, die ärmsten Familien in Palästina mit Nahrungsmittel- und Hygienepaketen. Neben Familien liegt der Fokus dabei auch auf alten alleinstehenden Personen.
Drama in Gaza
Tighe: "In der Altstadt von Jerusalem sind die Geschäfte geschlossen und die Straßen leer. Ich habe vor ein paar Tagen mit einem Ladenbesitzer gesprochen. Er sagte, die Situation sei verzweifelt." Noch schlimmer sei die Situation freilich im Gaza-Streifen. Hier habe man, da das kleine Gebiet sowieso weitgehend isoliert war, die Pandemie lange zurückhalten können, nun seien die Zahlen aber stark im Steigen, so die Ordensfrau. Schon seit dem Ausbruch des Corona-Virus in Israel im Frühjahr sei die Grenze zu Gaza geschlossen gewesen. Nur Einwohner Gazas hätten passieren dürfen und sich nachher einer 21-tägigen Quarantäne unterziehen müssen.
Zwei Millionen Menschen leben nun nicht nur in bitterer Armut, sondern auch in großer Angst vor dem Virus. Die Caritas Jerusalem ist in Gaza vor allem in der medizinischen Grundversorgung aktiv. Sr. Bridget: "Wir haben fünf mobile medizinische Teams, die im Gazastreifen tätig sind und Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel, Hygieneartikel und Gesundheitserziehung für die Ärmsten der Armen bereitstellen".
Vielfältige Orient-Hilfspakete
2019 bekam die ICO rund 926.000 Euro an Spenden anvertraut. Die Gelder flossen in Hilfsprojekte vor allem in Syrien, im Irak, in Jordanien, Palästina und in den Libanon. In den vergangenen Monaten lag der Fokus dabei auf Corona-Nothilfe, sei es in entlegenen nordirakischen Dörfern, der vom Krieg schwer getroffenen nordsyrischen Metropole Aleppo, im Libanon, in Palästina oder auch in Jordanien.
Aus der jordanischen Hauptstadt Amman beteiligte sich Wafa Goussous, Direktorin der "Orthodox Initiative", mit einem aktuellen Bericht am "Online-Tag". Auch in Jordanien seien die Covid-Zahlen in der jüngeren Vergangenheit stark gestiegen, so Goussous. Die Wirtschaft liege, wie überall im Nahen Osten, darnieder und am meisten würden die unzähligen Tagelöhner und deren Familien leiden, da diese über keinerlei Ersparnisse verfügten. Im Fokus der Hilfe stünden für die "Orthodox Initiative" Familien, alte Menschen aber auch Flüchtlinge aus dem Irak. Neben Lebensmittelpaketen gebe man auch Gutscheine aus, mit denen die Menschen selbst das Notwendigste einkaufen könnten.
"Unsere Partnerschaft mit der ICO und durch sie mit den Menschen in Österreich machte einen großen Unterschied für die Verwundbarsten in der jordanischen Gesellschaft aus und auch für die christlichen Flüchtlinge aus dem Irak", so Goussos wörtlich.
(Infos und Spenden: www.christlicher-orient.at bzw. www.facebook.com/initiativechristlicherorient/)
Quelle: kathpress