Hl. Corona - Vergessene Seuchenpatronin wird wiederentdeckt
Die Volksfrömmigkeit hat ihren eigenen Umgang mit der Covid-19 Krise gefunden: Immer mehr Bildstöcke, Marterln, Votivbilder und Kapellen verweisen auf die heilige Corona, die in vergangenen Zeiten als Fürsprecherin bei Seuchen angerufen wurde. Das namensgleiche Virus, das die Welt in diesem Jahr geißelt, hat die frühchristliche Märtyrerin aus der Vergessenheit zurückgeholt. Jüngstes Beispiel für die kreativen Umsetzungen ist ein von der Künstlerin Klara Hartl erstelltes Bild der Heiligen, das vergangenen Sonntag im niederösterreichischen Oberwaltersdorf gesegnet wurde.
Die Verängstigung vieler Menschen wegen dem Virus sowie seiner Schutzmaßnahmen und Folgen nennt der Auftragsgeber des Bildes, Ortspfarrer Andreas Hornig, als Motiv: Das nun in der Oberwaltersdorfer Kirche aufgehängte Bild soll an die Seuchenheilige erinnern und dadurch "den Menschen Mut und Hoffnung geben, dass in ihrer Not Hilfe von oben kommt", sagt er im Gespräch mit Kathpress. Die jugendliche Heilige, die in Ägypten oder Syrien gelebt haben soll und während der Christenverfolgung an zwei niedergebeugte Palmen gebunden und durch deren Emporschnellen getötet wurde, hält auf Hartls Bild Palmzweige schützend über die Kirche von Oberwaltersdorf.
Die Sache mit dem gleichen Namen ist in den Augen Hornigs kein Zufall. Vielmehr halte er den Umstand für einen "Hinweis Gottes, wo wir uns hinwenden sollen". Dieser habe das Coronavirus nicht geschickt, wohl aber zugelassen "damit die Menschen wieder nachdenken, dass es so nicht mehr weitergehen kann". Ebenso habe Gott es andererseits auch zugelassen, "dass uns die Heiligen helfen dürfen" - im konkreten Fall eben die Heilige Corona. Die Überwindung der Pandemie sei schließlich "nur dadurch möglich, dass Menschen Gott um Hilfe bitten, denn der Weg der Heilung führt über Gott".
Zeichen der Hoffnung
Weiter in Österreichs Süden war man mit der Heiligen-Widmung noch schneller: Im Kärntner Ort Köttmannsdorf entstand schon im April ein an der Hauptstraße erbautes Martel an Corona - und zwar wohl noch für lange Zeit, lässt die Verwendung von vier Tonnen Brücken-Stahlbeton unter dem Schindeldach schließen. Das Schöpfer-Duo des ebenfalls mit einem Bild der Heiligen verzierten Werkes, der Kunstmaler Roland Mutter und der Baumeister Otto Skrabl, wollten damit ebenfalls "ein Zeichen der Hoffnung" setzen. Insbesondere soll der Bildstock auch an alle an Covid-19 Verstorbenen erinnern, deren Zahl in Österreich mittlerweile 766 und weltweit schon bald eine Million beträgt.
Den ersten neuen Corona-Gedenkort der Steiermark weist Bezüge nicht nur auf die römische Märtyrerin, sondern auch auf den Künstler Friedensreich Hundertwasser (1928-2000): Der Pensionist Helmut Maurer aus Söding verwendete dessen Originalfliesen für den auf seinem Grundstück errichteten farbenfrohen Bildstock, der zum im Mai begangenen Gedenktag der heiligen Corona von Pfarrprovisor Wolfgang Pristavec eingeweiht wurde. Auch seinem Bischof Wilhelm Krautwaschl gefiel die Idee des Pensionisten, wie er in einem Dankesschreiben bekundete.
In Niederösterreich, das schon zuvor mit St. Corona am Wechsel und St. Corona am Schöpfl zwei Corona-Wallfahrtsorte besaß, wird indes nach jahrhundertelanger Pause derzeit ein drittes Gotteshaus zu Ehren der Seuchenpatronin errichtet: Das Herz-Kreislauf-Zentrum Groß-Gerungs baut für Patienten, Gäste und Mitarbeiter eine Corona-Kapelle - als Dank dafür, dass die Reha-Einrichtung nach neun Wochen Lockdown-Stillstand gut aus der Krise gekommen ist. So widersprüchlich es klinge, in der Corona-Krise eine Kapelle für Corona zu errichten - "vielleicht schützt uns die heilige Corona vor einer noch größeren Seuche?", gab Geschäftsführer Fritz Weber dazu an.
Wegen des Glaubens brutal hingerichtet
Bekannt ist über Corona (lateinisch "die Gekrönte" und damit ein Hinweis auf den allgemeinen Begriff "Märtyrerin") nur Vages: Den Angaben zufolge wurde sie im Jahr 161 oder aber 287 geboren - wo, ist unbekannt. Noch als Teenager wurde sie die Ehegattin des Soldaten Victor, der sich während der Christenverfolgung weigerte, seinen christlichen Glauben zu widerrufen und deshalb hingerichtet wurde. Die junge Witwe sei unter den Römer-Kaisern Antoninus Pius oder Diokletian ebenfalls den Martertod gestorben, auf die oben beschriebene ausgesucht brutale Weise.
Die griechische Legende von Victor und Corona siedelt deren Martyrium in Damaskus an, sie war aber darüber hinaus in vielen Varianten verbreitet. Deshalb wird neben der syrischen Hauptstadt als Todesort auch Antiochia in der heutigen Türkei, Alexandria in Ägypten, Sizilien oder Marseille angegeben. Verehrungstraditionen gibt es in der griechischen, der lateinischen und der äthiopischen Kirche; in Nord- und Mittelitalien galt Corona schon im 6. Jahrhundert als Vorbild an Glaubenstreue. Reliquien von ihr und Victor finden sich in Castelfidardo bei Osimo an der Adriaküste bei Ancona, wo es schon früh eine dem Paar geweihte Kirche gab. Durch die Kaiser Otto III. und Karl IV. gelangten Reliquien auch nach Aachen bzw. Prag.
Corona gilt laut dem Ökumenischen Heiligenlexikon als Schutzpatronin gegen Seuchen. Sie ist jedoch auch die Heilige der Schatzsucher und Fürsprecherin bei Geldangelegenheiten. Letzteres hat dazu beigetragen, dass die österreichische Münzeinheit bis 1924 nach der Heiligen "Krone" hieß.
Quelle: kathpress