Online-Tagung: Katholische Soziallehre als Krisenausweg?
Welche sozialethischen Überlegungen können heute dabei helfen, Auswege aus den vielfachen, miteinander verschränkten Krisen unserer Zeit zu eröffnen? Dies ist eine der Leitfragen einer hochkarätig besetzten Online-Tagung, die die Katholische Soziallehre "als Kompass" für etwaige Auswege in Diskussion bringen soll. Beteiligen werden sich daran am 21. September laut Ankündigung der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe) Bundespräsident Alexander van der Bellen, Bischof Hermann Glettler (Innsbruck), Ex-Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, die Politikwissenschaftler Sieglinde Rosenberger und Anton Pelinka sowie Theologen und Sozialwissenschaftler.
Mitzuverfolgen ist die im Gedenken an den vor sieben Jahren verstorbenen Sozialethik-Pionier P. Johannes Schasching SJ veranstaltete Tagung online mit Publikumsbeteiligung via Chatfunktion auf youtube. Der Link: https://youtu.be/OHKdHfCy5kQ. Veranstalter sind das Zentrum für nachhaltige Gesellschaftstransformation in Graz, die Universität Graz, die Österreichische Jesuitenprovinz und die Vereine "Transition Graz" und "GIVE".
Weltwirtschaft, Mensch-Natur-Beziehung, soziale Verhältnisse, Demokratie und öffentliche Gesundheit seien heute Krisenerscheinungen ausgesetzt, die nach Antworten verlangen, "die die Gesellschaft in eine bessere, nachhaltige Zukunft tragen können", heißt es in der Ankündigung. Dies erfordere geeignete Institutionen des interdisziplinären Dialogs zwischen Ethik und Wissenschaften sowie den Austausch verschiedener zivilgesellschaftlicher Einrichtungen, sozialen Gruppen und öffentlichen Körperschaften.
Für so einen breiten Ansatz sei auch der aus Oberösterreich stammende, als Papstberater in Rom wirkende P. Schasching gestanden, der am 20. September 2013 in Wien starb. "Die Soziallehre der Kirche war nie als theologisches Lehrbuch gedacht", hielt der frühere Professor für Sozialwissenschaften an der Päpstlichen Universität Gregoriana fest. Sie sei zuallererst auf Veränderung der gesellschaftlichen Zustände angelegt gewesen. "Das aber war nur möglich, wenn sie (die kirchliche Soziallehre, Anm.) mit ihren Argumenten jene Menschen erreichte und motivieren konnte, die für diese Reformen zuständig waren - mit anderen Worten: möglichst breite Kreise."
Grußworte, Panels, Diskussion
Beleuchtet soll bei der Tagung auch die Rolle der Katholischen Sozialakademie werden, die derzeit einem tiefgreifenden, nicht unumstrittenen Reformprozess unterworfen ist. Viele der Impulsgeberinnen und -geber der Online-Veranstaltung haben Bezüge zur ksoe - darunter auch Bundespräsident Van der Bellen als jahrelanger Berater und Lehrbeauftragter. Er wird wie auch der ehemalige Zweite Nationalratspräsident Heinrich Neisser (ÖVP) am 20. September um 9 Uhr ein Grußwort sprechen. Danach werden die Sozialethiker Wolfgang Palaver und P. Alois Riedlsperger SJ das Leben und Wirken von Pater Johannes Schasching skizzieren.
Weiter geht es um 10 Uhr mit Panels über Solidarität und Demokratie bzw. über Ökologie und Ökonomie. Nach der Mittagspause steht am 13.30 Uhr die "Rolle und Perspektive der Katholischen Sozialakademie" zur Diskussion. Eines der Schlussworte spricht abschließend der von der Bischofskonferenz als einer von drei Bischöfen mit der ksoe-Neustrukturierung betraute Hermann Glettler.
"... Ratzinger schien zufrieden zu sein"
Eine inhaltliche Vorwegnahme des Tagungsthemas lieferte der Ex-Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl in einem aktuellen Beitrag für den kose-Blog: Unter dem Titel "Herausforderungen der europäischen Wirtschaft aus dem Blickwinkel der Katholischen Soziallehre" berichtete er vom Besuch einer europäischen Wirtschaftsdelegation im Vatikan, wo er vom späteren Papst Benedikt XVI. nach dem "Wesen eines christlichen Europa" gefragt wurde. Leitl habe dazu auf das Personalitätsprinzip, das Solidaritäts- und das Subsidiaritätsprinzip als Säulen auch der Katholischen Soziallehre hingewiesen - eine Antwort, mit der Joseph Ratzinger "recht zufrieden zu sein schien", wie Leitl anmerkte. (https://blog.ksoe.at)
Quelle: kathpress