Wiener Kirchenzeitung kritisiert "Zubetonieren" von Grünland
Auf Besorgnis erregende Zahlen zur Bodenversiegelung in Österreich hat die Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" in einem Beitrag zur laufenden "Schöpfungszeit" hingewiesen: Jedes Jahr werden in Österreich durchschnittlich 44 Quadratkilometer verbaut - eine Fläche, die der Größe Eisenstadts entspricht, und täglich werden "20 Fußballfelder zubetoniert", zog das Blatt einen weiteren Vergleich. Das bedeute, dass weniger Anbaufläche für die Landwirtschaft zur Verfügung steht und daher die Ernährungssicherheit in Österreich auf dem Spiel steht. "Brot wächst nicht auf Beton und Asphalt", zitierte "Der Sonntag" eine schon vor Jahren geäußerte Warnung von Kardinal Christoph Schönborn, "ohne Boden wird es in Zukunft auch kein Brot geben".
Würde die derzeitige Entwicklung so weitergehen, wäre in 200 Jahren fast keine Agrarfläche mehr übrig. Allein in den vergangenen 50 Jahren wurden 300.000 Hektar Felder und Wiesen zubetoniert - so viel wie die gesamte Ackerfläche Oberösterreichs. Und Flächenverbrauch und Zersiedelung halten weiter an, wie die Kirchenzeitung darlegte: Auf der einen Seite würden täglich 13 Hektar an Agrarflächen für Bauprojekte verbraucht, auf der anderen Seite stünden 40.000 Hektar Immobilien leer.
Die Bevölkerung nimmt hier die Politik in die Pflicht: Laut einer aktuellen "market"-Umfrage verlangen 86 Prozent der Bürger strengere Gesetze und Maßnahmen gegen die Verbauung der Landschaft und den Flächenverbrauch. Über 70 Prozent der Teilnehmer kritisieren zu große Milde der Politik beim Flächenverbrauch und beklagen zu viel Neuverbauung in der unmittelbaren Wohnumgebung.
Politik und Einzelne in der Pflicht
"Hier braucht es klare Rahmenbedingungen aus der Politik für den öffentlichen Raum, aber auch verantwortungsvolles Handeln jedes Einzelnen im privaten Bereich", verwies der Umweltbeauftragte der Erzdiözese Wien, Markus Gerhartinger, auf die Verantwortung jedes einzelnen für einen sorgsamen Umgang mit Grund und Boden. Die Bundesregierung hatte das Problem der Zubetonierung zwar im Regierungsprogramm erwähnt, dieses geriet durch die Pandemie jedoch in den Hintergrund. Vorgesehen war der Schutz von gesunden Böden und eine zukunftsfähige Raumplanung - sprich eine Reduktion des Bodenverbrauches auf 2,4 Hektar pro Tag. Dafür müssten aber unbedingt leerstehende Immobilien wieder bewohnt werden, wie "Der Sonntag" hinwies.
Verschärft wird das Problem auch durch den Klimawandel: Vor allem im Osten und Südosten Österreichs seien Ernterückgänge zu erwarten, am meisten in der trockenen pannonischen Region. Andreas Baumgarten von der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES): "Für Österreich gehen wir von einem Rückgang der Erträge um bis zu 19 Prozent in den kommenden 40 Jahren aus." Im Jahr 2060 drohe eine Unterversorgung bei Getreide, Mais oder Kartoffeln. Baumgarten forderte im "Sonntag" daher, ertragreiche Böden gegen Versiegelung zu schützen und die Verbauung zu reduzieren, "denn Bodenschutz bedeutet Klimaschutz und Ernährungssicherheit."
Quelle: kathpress