Linz: Kirchen fordern Sterbebegleitung statt Sterbehilfe
Einen "humanen Sterbebeistand, der diesen Namen verdient" hat der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer eingemahnt. Zwar habe der Mensch "das Recht auf das eigene Sterben", Scheuer unterschied dabei aber zwischen einer "manipulativen Selbsttötung" und einer "bewussten Annahme des Todes", wie er im Rahmen einer Pressekonferenz des "Forums christlicher Kirchen in Oberösterreich" in Linz am Donnerstag - dem "Welttags der Suizidprävention" (10. September) sagte.
Im Hinblick auf eine anstehende Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über einen Antrag auf Lockerung des geltenden Sterbehilfeverbotes äußerten sich neben Scheuer auch Vertreter aus der evangelischen Kirche A.B, der Rumänisch-Orthodoxen Kirche und der Altkatholischen Kirche. In einer gemeinsamen Erklärung machten sie auf die "möglichen gravierenden Folgen" einer Liberalisierung aufmerksam, da die mögliche Gesetzesänderung den gesellschaftlichen Wertekonsens infrage stellt. Das "Forum christlicher Kirchen" forderte, zwischen dem Einzelfall Suizid als Gewissensentscheidung und der Beihilfe zum Suizid als "verbrieftes Recht" zu unterscheiden.
Noch im September befasst sich der Österreichische Verfassungsgerichtshofs mit vier Klagen, die ein Schweizer Sterbehilfe-Verein im Mai 2019 eingereicht hatte. Es soll dabei die Frage geklärt werden, ob assistierter Suizid - wie etwa zuletzt in Deutschland - unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt werden soll. Dass Deutschland diesen Weg gegangen ist, sei jedoch "keine Begründung dafür, ihn ebenfalls zu gehen", stellte das Forum fest. "Die nüchterne Beobachtung der Auswirkungen eines Rechts auf Beihilfe zum Suizid zeigt, dass die Tendenz besteht, die Gründe, die für eine aktive Beendigung des Lebens akzeptiert werden, immer weiter zu fassen".
Tatsächlich "Verwirklichung von Freiheit"?
In Deutschland habe die Auslegung der Menschenwürdegarantie "'im Sinne schrankenloser Autonomie und Selbstverfügung' und diese unbeschränkte individuelle Selbstbestimmung" den Vorrang erhalten. Damit werde auch das selbstbestimmte Sterben unter Mitwirkung Dritter in den "Rang einer letztgültigen Verwirklichung von Freiheit und Würde erhoben", wies Bischof Scheuer in seinem Statement hin.
Würde das Verbot nun auch in Österreich gelockert, stünde dies im Widerspruch zum ethischen Prinzip des Tötungsverbots, erläuterte Scheuer. Dieses gehöre zum Ethos aller großen Weltreligionen und sei "in seiner positiven Form, als fundamentales Lebensrecht, in allen Verfassungen der moderneren Demokratie verankert und durch Gesetze geschützt". Dazu zähle auch das Verbot der Todesstrafe oder die kritische Betrachtungsweise der "Ethik des gerechten Krieges" im Atomzeitalter.
Nötig ist es aus der Sicht des Linzer Bischofs, ein "Leben in Würde bis zuletzt" zu gewährleisten. Dabei brauche es sowohl Unterstützung von Betroffenen als auch vonseiten der Ärzte, Pflegekräfte und der Angehörigen sowie eine wirksame Schmerzlinderung, aufmerksame medizinische Pflege und mitmenschliche Nähe.
"Philosophisch inkonsistent" ist laut Scheuer zudem das zentrale Argument von Euthanasiebefürwortern - die Berufung auf die Autonomie der Menschen. So erschöpfe sich die menschliche Freiheit nicht in einer "Autarkie", da jeder Mensch eingebettet in "zwischenmenschliche Verhältnisse der Fürsorge und der Verantwortung für den Nächsten" sei.
Orthodoxe Perspektive
Das Leben sei ein "Geschenk Gottes", betonte der rumänisch-orthodoxe Pfarrer Sorin Bugner im Rahmen der Pressekonferenz. Auch wenn es weltweit viele Ethiken gebe, vereine das "Gebot der Liebe alle Menschen". Letzteres konkretisiere sich im Gebot "du sollst nicht töten". "Aus Sicht der orthodoxen Kirche ist deswegen Sterbehilfe eine falsche Entscheidung", so Bugner.
Auch der Vorstand der Palliativstation St. Louise am Ordensklinikum Linz, Johann Zoidl, äußerte sich kritisch zum Thema Sterbehilfe. So sei nicht jeder in existenziellen Notsituationen vorgebrachter Sterbewunsch "eine Aufforderung, das Leben zu beenden". In der Palliativmedizin gelte es eher "den Menschen nicht alleine zu lassen" und sich "mit ganzheitlichem Blick um den Menschen mit seinen oft komplexen mehrdimensionalen Problemen" zu kümmern und so suizidpräventive Optionen geben zu können.
Zuletzt äußerten sich auch der Katholische Familienverband Österreichs (KFÖ) sowie das Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) kritisch zum Thema Sterbehilfe. Auch die Österreichische Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (ÖGPP) forderte umfassende Suizidprävention statt "assistierten Suizid".
Quelle: kathpress