Bischof Küng: "Gottvergessenheit" ist größte Sünde unserer Zeit
Kritik an der gegenwärtigen "Gottvergessenheit" und einer Lebensorientierung, "die vor allem auf Erfolg, Geld, Konsum und Befriedigung ausgerichtet und nicht selten von einer fast suchtartigen Verhaltensweise gekennzeichnet sind", hat der St. Pöltner Altbischof Klaus Küng geübt. "Jede(r) bastelt sich seine eigene Vorstellung von Gott und Welt in Übereinstimmung mit der eigenen Lebensweise, was aber nicht unbedingt zur 'Erlösung' führt", so Küng in der aktuellen Ausgabe der Kirchenzeitung "Kirche bunt" auf die Frage nach der "größten Sünde unserer Zeit". Helfen könnten Vorbilder und kirchliche Angebote wie Exerzitien abhelfen, zeigte sich der Bischof überzeugt. Küng leitete die Diözese St. Pölten von 2004 bis 2018, am 17. September wird er 80 Jahre alt.
"Die Menschen brauchen Hilfe, um in den heutigen Verhältnissen verbunden mit Gott leben zu lernen", betonte Küng. Orte und Schulen des Gebetes seien für ihn daher von größter Bedeutung und "vielleicht ist Beten lernen überhaupt das Wichtigste".
Die Glaubensweitergabe werde in Zukunft aber vor allem von Gläubigen wahrgenommen werden - auch "wenn nach dem Verständnis des Zweiten Vatikanums Priester zum Wesen der katholischen Kirche gehören". Jedoch werde die Seelsorge nicht nur von Priestern und Diakonen getragen, sondern "von vielen". Küng zeigte sich dabei überzeugt, dass eine "dass eine gesunde bzw. gesund gewordene Seelsorge christliche Familien, christliche Mitarbeiter und auch genügend Priester (samt Zölibat) hervorbringt". Aktuell bedürfe die Seelsorge jedoch einer Veränderung in Richtung mehr Spiritualität.
Anlässlich seines Goldenen Priesterjubiläums, des 50. Jahrestages seiner Priesterweihe, bezeichnete der St. Pöltner Altbischof die Entscheidung, Priester zu werden, als "Lernprozess, der bis zum Tod andauert". Küng wurde am 23. August 1970 in Madrid als damals bereits seit 1964 promovierter Mediziner geweiht. Als persönlich schwierigsten Entschluss seines Lebens nannte er dabei den Verzicht auf die Ehe. "Da ging es nicht darum, Priester zu werden, wohl aber um volle Verfügbarkeit." Dass er einmal Bischof in Feldkirch - von 1989 bis 2004 - und später in St. Pölten werden sollte, "wäre mir sicher nicht eingefallen".
Einen unfruchtbaren Aktivismus, Selbstdarstellung, Eitelkeit oder Achten den eigenen Vorteil bezeichnete Küng dabei als große Gefahren für Priesters - "oder fast noch mehr des Bischofs". Gebet oder persönliche Einkehr seien daher von größter Bedeutung. "Mit all dem ist ein Läuterungs- und Reifungsprozess verknüpft, der unerlässlich ist, um nicht sehr bald den Schwung zu verlieren oder in irgendeiner Weise unter die Räder zu kommen."
Vom Opus Dei ins Bischofsamt
Klaus Küng wurde als Kriegskind 1940 in Bregenz geboren und wuchs in Feldkirch als Sohn eines Arztes auf. 1958 maturierte er dort gemeinsam mit einem bekannten Mitschüler - dem späteren Bischof Erwin Kräutler. Küng studierte zunächst in Innsbruck und Wien Medizin sowie Philosophie und Theologie. Im Alter von 22 Jahren schloss er sich dem Opus Dei an, von 1976 bis 1989 leitete er später die Personalprälatur der katholischen Kirche als Regionalvikar. Als Dr. med. setzte er seine theologischen Studien in Rom an der Lateranuniversität fort. Zwischenzeitlich arbeitete er als Arzt am Kaiserin-Elisabeth-Spital in Wien sowie am Landeskrankenhaus in Graz und war später als Kaplan in der Wiener Peterskirche tätig.
Am 5. März 1989 wurde Klaus Küng von seinem Amtsvorgänger Bruno Wechner zum Bischof von Feldkirch geweiht. Nach St. Pölten kam er in der Krisenzeit der Ära Kurt Krenn zunächst als Päpstlicher Visitator und Administrator, 2004 wurde er zum Diözesanbischof von St. Pölten ernannt. Nach 14-jähriger Amtszeit folgte ihm 2018 Alois Schwarz, nach.
Küng war in der Österreichischen Bischofskonferenz für die Themen Ehe und Familie, Bioethik und Lebensschutz zuständig. Im Vatikan fungierte er als Konsultator des Päpstlichen Rates für Familie sowie Mitglied der Klerus-Kongregation.
Quelle: kathpress