Schule: Keine Konkurrenz zwischen Ethik- und Religionsunterricht
"Ethikunterricht ist keine Konkurrenz zum Religionsunterricht, sondern eine gute Ergänzung." - Davon hat sich der St. Pöltner Schulamtsleiter Josef Kirchner im Interview in der aktuellen Ausgabe der Kirchenzeitung "Kirche bunt" überzeugt gezeigt. Es gehe darum, "dass alle Schülerinnen und Schüler einen Ethik- und Werteunterricht erhalten sollen und nicht nur jene, die den Religionsunterricht besuchen".
Religions- und Ethikunterricht hätten große Überschneidungen: "Beide Fächer wollen die Schüler zu einer selbstständigen Reflexion im Hinblick auf Wege gelingender Lebensgestaltung befähigen, ihnen Orientierungshilfen geben und sie zur fundierten Auseinandersetzung mit den Grundfragen des Lebens anleiten", so Kircher. Der Mehrwert und die Exklusivität des Religionsunterrichts zeige sich darin, "dass wir davon ausgehen, dass Spiritualität und Religiosität zum Menschsein gehören". Das bedeute: "Wir vermitteln im Religionsunterricht, dass wir alle von Gott geliebte Menschen sind." Daraus folge dann ein entsprechendes Handeln. Nachsatz: "Da geht es auch nicht darum, dass wir den Schülern den Glauben aufdrängen, sondern wir bringen den Glauben ins Spiel."
Zur Frage, was einen guten Religionslehrer ausmacht, verwies der Schulamtsleiter auf eine Doppelfunktion: "Da geht es nicht nur um die Weitergabe von Bildungsinhalten, sondern vor allem auch um die Weitergabe existenzieller Wahrheiten. Als Religionspädagogen sind wir als Glaubende und Suchende auch auf Augenhöhe mit den Schülern unterwegs - es ist eine Weggemeinschaft." Die solide fachliche Ausbildung sowie die Fähigkeit, methodisch und didaktisch zu unterrichten, seien Grundvoraussetzungen, "aber gerade beim Religionslehrer ist wichtig, dass die Schüler diesen Menschen als ehrlich, authentisch und gläubig erleben". Der entscheidende katechetische Faktor sei die Persönlichkeit der Religionslehrer.
Freilich: Religionslehrer seien in einem vorwiegend säkularen Umfeld tätig. Daher sei die Forderung, dass wir primär Kirchgänger produzieren sollen, illusorisch. Das war noch nie und ist auch heute nicht primäres Ziel des Religionsunterrichts." Aber es gehe schon darum, so Kirchner, "dass ich jenen Schülern, die komplett fern sind vom Glauben, authentisch zeige, warum ich in der Kirche beheimatet bin und warum ich aus dem Glauben heraus lebe".
Im Religionsunterricht geschehe ja auch Seelsorge und so gesehen stünden Religionslehrer auch im Namen der Kirche in der Klasse. Kirchner: "Wir als Religionslehrer sind ein wichtiger Außenposten der Kirche, der hoffentlich auch in dieser diakonalen Funktion wertgeschätzt wird."
Auch Religionslehrer im Ethikunterricht
Das von manchen Kritikern vorgebrachte Argument, Religionslehrer dürften keinesfalls Ethik unterrichten sollen, weil sie sonst ihre eigene katholische Überzeugung weitergeben, wies Kirchner vehement zurück: "Dieses Argument ist wirklich schief! Wenn man das konsequent durchdenken würde, dann dürfte z. B. kein Kollege politische Bildung unterrichten, weil ich gehe davon aus, dass z. B. ein Geschichte- oder Deutschlehrer hoffentlich eine klare, eigene politische Meinung hat - und trotzdem traut man ihr oder ihm zu, dass sie bzw. er fähig ist, den Gegenstand so zu unterrichten, ohne politisch manipulativ zu sein."
Auch die Erfahrungen der letzten Jahre, seit der Schulversuch mit dem Ethikunterricht läuft, zeigten, dass es nie Probleme, etwa Kritik von Schülern, gegeben habe. Religionslehrer, die in der Theologie auch eine fundierte ethische Ausbildung haben und eine Zusatzausbildung für den Ethikunterricht absolvierten, hätten auch Ethik unterrichtet. Und folgerichtig würden die Religionslehrer auch künftig für die Ausbildung zum Ethikunterricht, die es seit einem Jahr an der KPH Wien/Krems und an den Universitäten gibt, zugelassen.
Kampagne "Ich glaube - Ja"
Dieser Tage ist österreichweit die Kampagne "Ich glaube - Ja" gestartet, mit der auf die Bedeutung des zeitgemäßen Religionsunterrichts in der Öffentlichkeit aufmerksam gemacht werden soll. Einer der Proponenten der Kampagne ist Kirchner. Die Kampagne habe mit der geplanten Einführung des Ethikunterrichtes nichts zu tun, betonte er im "Kirche bunt"-Interview. Das sei purer Zufall.
In Österreich nehmen rund 586.000 katholische Schülerinnen und Schüler am katholischen Religionsunterricht teil. Dazu kommen weitere 24.300 Schüler ohne religiöses Bekenntnis, die den katholischen Religionsunterricht als Freifach besuchen. Das macht in Summe mehr als 610.000 Schülerinnen und Schüler. Kirchner: "Man kann klar sagen: Der Religionsunterricht ist gewünscht und gewollt."
Die Kampagne "Ich glaube - Ja" läuft den ganzen September über und umfasst u.a. Infoscreens, Citylights und Rollingboards im öffentlichen Bereich, weitere digitale Formate sowie Schaltungen in ausgewählten Printprodukten. Kern der Kampagne sind Sujets mit Fragen mit religiösem Bezug wie "Gibt es heute noch Wunder?", "Mag Gott mich immer?", "Gibt es Hoffnung für die Welt?" oder "Darf ich auch mal zweifeln?". Alle Infos zur neuen Religionsunterrichtskampagne unter: www.mein-religionsunterricht.at
Quelle: kathpress