Glettler fordert offeneren Umgang mit jungen Asylwerbern
Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler hat in seiner Predigt zu Mariä Himmelfahrt einen offeneren Umgang mit jungen Asylwerbern eingefordert, die in Österreich eine Ausbildung oder Lehre begonnen haben. Für diese jungen Menschen habe sich damit "ein Himmel von Lebenszuversicht geöffnet, sagte er unter Bezugnahme auf den Inhalt des Festes. "Sollten wir diesen gewaltsam schließen - nur um dem Gesetz Genüge zu tun? Wäre es nicht wesentlich 'himmlischer', wenn sie ihre Begabungen und neu erworbenen Kompetenzen für ihre und unsere Zukunft in unserem Land einsetzen könnten?", so Glettler am Samstag im Innsbrucker Dom.
Ob in diesem Bereich oder in anderen gesellschaftlichen Aufgabenstellungen: Menschen, die um den offenen Himmel und Maria an ihrer Seite wüssten, würden "füreinander Himmels-Öffner sein". Das sei die irdische Auswirkung des Glaubens: Trost für alle Menschen.
Der Feiertag Mariens mitten im Sommer sei entgegen all der gegenwärtigen Befürchtungen, vielfachen Zukunftsängsten und fatalistischen Vermutungen "ein deutliches Signal von Hoffnung", sagte der Bischof bei der Festmesse. Der Himmel stehe offen und "wir meinen damit nicht eine kosmische Sphäre, sondern den Inbegriff von Leben, die Gemeinschaft mit Gott". Diesen Himmel könne man letztlich nicht machen, nicht herbeireden und auch nicht kaufen. Dieser Himmel sei im Gegensatz zu vielen Vertröstungen, die sich Menschen in "himmlischer Verführung" zeigen, ein echter Trost.
Das Hochfest der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel hänge am zentralen Geschehen des christlichen Glaubens. Durch seine Menschwerdung habe Gott selbst den Himmel für immer geöffnet und eine lebendige Brücke zwischen Himmel und Erde gebaut. "Diese Brücke ist Jesus, unser Bruder und Herr. Er ist der offene Himmel in Person. Seine Mutter Maria wird mit Recht - dogmatisch festgelegt am Konzil von Ephesus im Jahre 431 - als Gottesmutter bezeichnet. Ihr feierliches Heimgehen zu Gott bestätigt, dass unser Leben auf ein Ziel hin ausgerichtet ist. Auch wir dürfen einmal definitiv zu Gott heimkehren - und werden nicht irgendwo in einer höheren Energie aufgehen oder sogar ausgelöscht werden", erläuterte der Bischof.
Maria wurde "leibhaftig" in den Himmel aufgenommen, wie es im kirchlichen Lehrdokument von 1950 heißt - also nicht nur eine Idee von ihr, nicht nur eine kaum vorstellbare Seele oder ein geistiges Abstraktum, sondern dieser reale Mensch, ganz und gar, so Glettler. Damit werde der Wert des irdischen Lebens in großartiger Weise wertgeschätzt. "Leib" meine weit mehr als den biochemischen Organismus. Leib meine das Ganze, was diesen konkreten Menschen in seiner Individualität ausmacht. Nichts davon müsse verleugnet oder verdrängt werden, "wenn wir zu Gott heimkehren, zu ihm heimkommen", sagte der Bischof in seiner Predigt. Der Mensch sei in der Konzeption Gottes ein ganzheitliches Wesen - nicht nur eine Hülle, in der eine Seele eingesperrt ist.
"Wir können einander trösten"
"Es ist trostreich, dass wir einander trösten können - nicht nur die seelsorglichen und therapeutischen Experten sind dazu fähig und beauftragt. Wir alle!" Während der Akutphase der Corona-Zeit sei bewusst geworden, wie wichtig die gegenseitige Wertschätzung ist, der Zuspruch und die Aufmerksamkeit füreinander. Mit Franziskus gebetet: "Herr lass mich danach trachten, nicht dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste." Trösten bedeute, den Raum weiten, den Blick heben und eine neue Perspektive ermöglichen. Trösten öffne ein Stück weit den Himmel. "Wer jenseits der eigenen Befindlichkeiten das Glück und das Wohl des Nächsten sucht, verbreitet einen Geschmack des Himmels. Viele haben dies während der Coronakrise getan, auch vorher schon und weiterhin. Ihnen allen, besonders den vielen Frauen und Müttern, die Mehrfachbelastungen durchgestanden haben, ist besonders heute am Hohen-Frauentag zu danken, so Glettler.
Den Himmel dürfe man sich nicht als einen Ort vorstellen, an dem jeder nur für sich selbst in kleinen Boxen oder Miniapartments wohnen würde. Der Himmel, das sei die Gemeinschaft, ein unendlich wertvolles Netzwerk von Beziehungen, Kommunion und Kommunikation in schönster Form, ein Empfangen und Schenken, getragen von dem, der in sich höchste Erfüllung, Ursprung und Quelle von Leben und Liebe sei, der Dreifaltige Gott. Die Hölle - das sei die absolute Vereinzelung, die totale Abwesenheit von Kommunikation und Gemeinschaft. "Wir haben mit dem heutigen Fest den Himmel vor Augen! Und dieser Himmel beginnt jetzt - in allen Momenten, wenn Menschen füreinander da sind, einander Wertschätzung zukommen lassen, Begegnungen suchen und auch alle damit verbundenen Schwierigkeiten aushalten, einander die von Gott geschenkte Würde bestätigen und nicht absprechen."
Quelle: kathpress