Kirchliche Hilfe im Libanon läuft nach Katastrophe auf Hochtouren
Eine Woche nach der verheerenden Explosionskatastrophe in Beirut befinden sich Hilfsorganisationen im Dauereinsatz, um tausenden Betroffenen Akuthilfe zu leisten. Allein in den vergangenen vier Tagen erreichte etwa die Caritas Libanon über 23.000 Menschen mit Hilfsmaßnahmen. Wie die Caritas Österreich auf ihrer Facebook-Seite informierte, unterstützt sie mithilfe von lokalen Partnern die Opfer der Explosionen mit Lebensmitteln und Hygienepaketen, medizinischer Versorgung sowie warmen Mahlzeiten. Spenden dafür sind dringend erbeten.
Auch ein Projektpartner der Caritas Salzburg, der Orden der Barmherzigen Schwestern, hat in fünf Zentren außerhalb von Beirut Familien aufgenommen, deren Häuser durch die Explosion zerstört sind oder unbewohnbar geworden sind. Insgesamt haben mehr als 300.000 Menschen durch die Explosionen ihr Zuhause verloren; sie müssen nun in Notunterkünften oder bei Verwandten und Freunden unterkommen.
Die Explosion von 2.750 Tonnen Ammoniumnitrat in einer ungesicherten Lagerhalle im Hafen von Beirut hatte am 4. August zu rund 200 Toten und 6.000 Verletzten geführt. Die Katastrophe, deren Ursachen noch nicht aufgeklärt sind, trifft das Land in Vorderasien schwer: Schon zuvor lebte die Hälfte der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, zudem leidet das Land unter einer hohen Inflation, politische Unruhen und einer instabilen Regierung - zuletzt trat Premier Hassan Diab, der tagelang seinen Rücktritt ablehnte, am Montagabend zurück.
Steigende Lebensmittelpreise
Die Caritas international, das Auslandshilfswerk der deutschen Caritas, warnte indessen davor, dass die ohnehin hohen Lebensmittelpreise weiter ansteigen, da der für den Import entscheidende Hafen zerstört wurde. Eine extreme Inflation ließ die Preise schon zuvor in die Höhe schnellen, was Demonstrationen und eine angespannte Sicherheitssituation zur Folge hatte. "Viele Menschen werden noch hungern müssen, weil sie sich Lebensmittel schlichtweg nicht kaufen können", so eine Caritas-Sprecherin.
Dramatisch sei auch die Lage für viele in den Libanon geflohene Syrer. Wegen des "schleichenden wirtschaftlichen Niedergangs" würden die Flüchtlinge kaum noch unterstützt. "Diese Aufgabe muss die internationale Gemeinschaft übernehmen", forderte die deutsche Caritas. Aktuell sollen sich über 900.000 registrierte syrische Flüchtlinge in dem Land befinden, das kleiner ist als das Bundesland Tirol. Laut Schätzung könnte die Zahl der geflüchteten Menschen im Libanon sogar doppelt so hoch sein.
Armut, Elend, Krankheit
Die Explosionskatastrophe verdeutlicht nach Worten des syrisch-katholischen Erzbischofs Flavien Joseph Melki die seit langem bestehende Lage: "Die Libanesen sind in einer schrecklichen Situation des Leidens, der Armut, des Elends, der Krankheit", sagte er im Interview der in Würzburg erscheinenden Wochenzeitung "Die Tagespost".
Nun würden dringend Krankenhäuser, Blutkonserven, Medikamente sowie Krankenschwestern und Pfleger gebraucht, so der emeritierte Erzbischof der mit Rom unierten syrisch-katholischen Kirche und frühere Großkanzler des Patriarchats in Beirut. "Die, die hier sind, haben sich schon vollkommen während der Corona-Pandemie aufgeopfert."
Brotkrise wegen zerstörter Nahrungsmittelreserven
Verschärft wird die soziale, politische wie wirtschaftliche Krise aktuell durch die grassierende Corona-Pandemie, die das bereits geschwächte Gesundheitssystem noch weiter erschütterte. Zudem beherbergte der nun völlig zerstörte Hafen von Beirut den Großteil der Nahrungsmittelreserven des Landes. Experten fürchten eine "Brotkrise" bzw. Versorgungsengpässe, was Politiker jedoch zurückweisen. Der Libanon ist nach Angaben der UN für 85 Prozent seines Nahrungsmittelbedarfs auf Importe angewiesen. Das Welternährungsprogramm WFP kündigte daher am Donnerstag an, 17.500 Tonnen Mehl und Weizenvorräte für drei Monate in den Libanon liefern zu wollen. Die erste Mehllieferung solle binnen zehn Tagen eintreffen, teilte das WFP an seinem Hauptsitz in Rom mit. Die UN-Organisation werde dafür auch den Hafen notdürftig für Getreideimporte wieder herrichten.
Laut Medienberichten beläuft sich der Schaden der Explosionen auf über 15 Milliarden Dollar. Die internationale Staatengemeinschaft sagte dem Land Not- und Wiederaufbauhilfe in Höhe von rund 250 Millionen Euro zu, darunter 63 Millionen Euro von Seiten der Europäischen Union: auch Österreich beteiligt sich am Rettungspaket.
Hilfsorganisationen wie die Caritas oder die Diakonie rufen zu Spenden für die Opfer der Explosionen und für den Wiederaufbau der zerstörten Stadtviertel auf. Auch die Stiftung "Nachbar in Not" und der ORF bitten um Spenden.
(Spendenkonten der Caritas Österreich: BAWAG P.S.K., IBAN: AT92 6000 0000 0770 0004; Erste Bank, IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560, Kennwort "Libanon - Nothilfe nach Explosion"; "Nachbar in Not" - Katastrophe in Beirut; IBAN: AT75 2011 1400 4004 4001)
Quelle: kathpress