"Jugend Eine Welt": Coronakrise führt zu mehr Kinderhandel
Aufgrund der Coronakrise sind allerärmste Kinder und Jugendliche in verstärkter Gefahr, Opfer des organisierten Menschenhandels zu werden. Darauf hat das Hilfswerk "Jugend Eine Welt" in einer Aussendung anlässlich des "Welttags gegen Menschenhandel" (30. Juli) hingewiesen. Laut UNICEF sind jährlich mindestens 1,2 Millionen Kinder von dieser schweren Menschenrechtsverletzung betroffen. "Sie werden schon als Babys an gut zahlende Adoptiveltern verschachert, als Kinderbräute an viel ältere Männer verkauft, zum Betteln oder Stehlen gezwungen, als Arbeitssklaven, Prostituierte oder Kindersoldaten ausgebeutet", wies "Jugend Eine Welt" hin.
Alle Anzeichen sprächen dafür, dass die Anzahl der betroffenen Kinder im Zuge der Coronakrise massiv ansteigen könnte, insbesondere im Bereich der sexuellen Ausbeutung. "Die Risiken für Kinder, fortgesetzt oder erstmals Opfer von sexueller Ausbeutung zu werden, haben sich unter den Lockdown-Bedingungen signifikant erhöht", bestätigte Astrid Winkler, Geschäftsführerin der von "Jugend Eine Welt" seit Jahren unterstützten Kinderschutzorganisation ECPAT und verwies auf einen alarmierenden Europol-Bericht: Demzufolge sei die Nachfrage von Material zu sexuellem Kindesmissbrauch in der EU seit Beginn der Coronakrise um bis zu 30 Prozent angestiegen. "Denn Sexualstraftäter nutzen im Internet so eine Situation gezielt aus, um mit Kindern online in Kontakt zu treten", so Winkler.
In besonderer Gefahr seien auch Kinder, die vor zunehmender Gewalt in der eigenen Familie auf die Straße geflohen sind. Opfer, die sich bereits in der Gewalt von Menschenhändlern befinden, hätten aufgrund der Ausgangssperren noch weniger Chancen, ihren Peinigern zu entkommen bzw. Hilfe zu holen. Gleichzeitig fielen wichtige Schutzmechanismen aus: "In vielen Ländern bleiben Schulen, Jugendzentren, Notschlafstellen und Hilfseinrichtungen coronabedingt geschlossen, werden Geldmittel im Bereich des Opferschutzes gekürzt." Das organisierte Verbrechen hingegen wird laut "Jugend Eine Welt" nicht müde, neue Wege der Ausbeutung zu finden. So müsse davon ausgegangen werden, dass die - online vereinbarte - "Lieferung" von Kindern in Privatwohnungen derzeit ebenso zunimmt wie die Vermittlung von Teenager-Bräuten.
Betreuungsstelle in Österreich fehlt
Österreich gelte als Transit- und Destinationsland insbesondere für gehandelte Frauen und Kinder. "Jugend Eine Welt" begrüßte die im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnahmen zum Kampf gegen Menschen-, Frauen- und Kinderhandel, die am 9. Juli in einer Entschließung des Nationalrates bekräftigt wurden und die u.a. eine verbesserte Zusammenarbeit im Bereich des Erkennens mutmaßlicher Opfer vorsehen.
Zusätzlich solle dringend eine spezialisierte Betreuungsstelle für Betroffene des Kinderhandels eingerichtet werden, wie im Nationalen Aktionsplan (2018-20) der "Taskforce zur Bekämpfung des Menschenhandels" vorgesehen, fordert ECPAT. Laut "Jugend Eine Welt"-Geschäftsführer Reinhard Heiserer muss auch verstärkt bei den Ursachen des Problems angesetzt werden - einerseits durch verstärkte Aufklärungsprogramme und konsequente Strafverfolgung, anderseits durch die Bekämpfung bitterster Armut in den Herkunftsländern der Betroffenen sowie gezielte Präventions- und Schutzprogramme.
Um die jetzt schon verheerenden Auswirkungen der Coronakrise auf ärmste Menschen abzumildern, sei schnelles Handeln geboten. "Gemeinsam mit unserem Dachverband 'Globale Verantwortung' bitten wir die Bundesregierung dringend um ein internationales COVID-19 Rettungspaket in Höhe von 100 Millionen Euro. Österreich muss seiner internationalen Verantwortung nachkommen und mithelfen, noch Schlimmeres abzuwenden wie ein massives Ansteigen von Hunger, Migration und Menschenhandel", so Heiserer.
(Spendenkonto: "Jugend Eine Welt"; IBAN: AT66 3600 0000 0002 4000)
Quelle: kathpress