Landau: Pflegebereich gegen zweite Corona-Welle wappnen
Caritas-Präsident Michael Landau hat an die Bundesregierung appelliert, die verbleibende Zeit vor einer möglichen zweiten Corona-Welle zu nutzen, um den Pflege- und Gesundheitsbereich bestmöglich zu wappnen. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Ex-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat und Patientenanwalt Gerald Bachinger stellte er dazu eine 5-Punkte-Pflege-Charta vor. Gefordert wird eine bundesweite Taskforce gegen "Auswüchse des Föderalismus", die zentrale Beschaffung von Schutzausrüstung, eine einheitliche Teststrategie, die Sicherung der medizinischen Grundversorgung und der Finanzierung.
"Mehr als 500.000 alte und pflegebedürftige Menschen in ganz Österreich zählen zur Hochrisikogruppe Nr. 1", wies Landau hin. Österreich sei bislang deutlich besser durch diese Krise gekommen als viele andere Länder, doch immerhin ein Drittel aller Sterbefälle in Österreich sei zuletzt auf Infektionen in Pflegewohnhäusern zurückzuführen, zitierte der Caritas-Chef eine AGES-Studie. "In anderen Ländern mag die Quote deutlich höher sein, doch diese Zahl macht deutlich: Wir müssen Lehren aus den vergangenen Monaten ziehen und die Abwehrkräfte der Pflege noch weiter stärken", appellierte Landau. Ein Rückblick auf den bisherigen Pandemie-Verlauf dürfe nicht in gegenseitigen Schuldzuweisungen enden. "Viel mehr müssen wir uns der Frage stellen, was wir künftig gemeinsam besser machen können", erläuterte der Caritas-Präsident.
Wie unter einem Brennglas habe die Krise die Stärken und Schwächen des Pflegesystems in Österreich offengelegt. Dass Gesundheitsminister Rudolf Anschober nun den Startschuss zu einer groß angelegten Pflegereform gegeben habe, sei richtig und wichtig. Wenn die Bundesregierung nun ein Ampelsystem zur Bekämpfung des Virus etabliert, ist das ein guter Weg - auch für die Pflege", anerkannte Landau. "Doch aus unserer Sicht brauchen wir neben der Ampel auch Schnellstraßen, wenn es um Testungen und Schutzausrüstung geht. Wir benötigen Rettungsgassen, wenn wir von medizinischer Grundversorgung abseits der Spitäler sprechen. Leitplanken, um mit der notwendigen Rechtssicherheit durch die Krise zu manövrieren." Und klare Regeln seien erforderlich, wenn es um die Kosten der Gesundheitskrise geht. Wichtig für den Caritas-Präsidenten dabei: "Zumindest für die Dauer der Pandemie sollten wir zentrale Auswüchse des Föderalismus über Bord gehen lassen."
Bachinger: Eine Strategie, nicht neun
Patientenanwalt Bachinger zur dazu vorgeschlagenen Taskforce: "Wir brauchen eine Strategie im Kampf gegen das Virus und nicht neun verschiedene." Einheitliche Standards und Vorgehensweisen für ganz Österreich seien notwendig, "keine bloßen Empfehlungen, sondern verbindliche Richtlinien und klare Vorgaben sollten das Ziel sein.
Ein weiterer Punkt in der Charta soll die medizinische Grundversorgung sicherstellen. "Wir brauchen eine medizinische Grundversorgung in der Pflege. Wenn alte und pflegebedürftige Menschen angehalten sind, Spitäler nach Möglichkeit zu meiden, dann müssen Spitäler und Ärzte eben in die Pflegewohnhäuser kommen", forderte Bachinger. Eine kontinuierliche medizinische Betreuung in Pflegewohnhäusern müsse sichergestellt werden, um weitere gesundheitliche Kollateralschäden zu vermeiden.
Rauch-Kallat: Mehr Schutzausrüstungen
Es-Ministerin Rauch-Kallat sprach sich auch für ein bundesweit koordiniertes Engagement für mehr Schutzausrüstung aus. "Noch immer müssen selbst kleine Pflegeanbieter mit ganzen Staaten wie Indien oder den USA am Weltmarkt konkurrieren. Engpässe sind bereits spürbar und dürften sich im Fall einer zweiten Welle verschärfen."
Werden Testungen veranlasst, könne es Tage bis zur Durchführung dauern und noch länger, bis das Ergebnis vorliegt, bemängelte Rauch-Kallat weiter. Das Prozedere unterscheide sich oft von Bundesland zu Bundesland: "Eine bundesweite Teststrategie, die rasche, regelmäßige und gezielte Testungen in der Pflege sicherstellt, kann das Virus wirksam bekämpfen."
Quelle: kathpress