Start in Pilger-Sommer
Wallfahrten im Corona-Jahr in Meterabstand und Kleingruppe
Start in Pilger-Sommer
Wallfahrten im Corona-Jahr in Meterabstand und Kleingruppe
Die Corona-Epidemie hat dem Pilgerwesen in Österreich zusätzlichen Auftrieb verliehen und bringt zugleich Auflagen mit sich, an welche sich sowohl Einzelpilger wie auch Wallfahrtsgruppen halten sollten: Das hat Roland Stadler, Sprecher der Initiative "Netzwerk Pilgern in Österreich", am Donnerstag im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress dargelegt. "Eigenverantwortung wird bei Wallfahrten heuer großgeschrieben: Mehr als sonst gilt es, auf sich selbst und die anderen zu schauen und im Zweifelsfall lieber zu reduzieren als sich Gefahren auszusetzen", so der Leiter des Tourismusseelsorge-Referats der Diözese Gurk-Klagenfurt.
2020 bemerke er eine "deutlich stärkere Nachfrage" beim Pilgern als in den Vorjahren, erklärte Stadler. "Viele machen statt einem Kroatien- oder Italienurlaub eine Wanderwoche in Österreich und nutzen dafür die Pilgerwege aufgrund deren Vorteile: Von Beschilderung, Broschüren und Karten bis hin zu Gaststätten und Unterkünften am Weg gibt es hier meist schon alles an Infrastruktur", so der Experte. Auch der Corona-bedingte Rückgang beim internationalen Pilgern wie etwa am spanischen oder französischen Jakobsweg trage dazu bei, dass heimische Wege stärker frequentiert sind, vor allem von jüngeren und sportlichen Pilgern. "Ältere Semester bleiben aus Vorsicht eher zuhause", so Stadlers Beobachtung.
Rechtlich sind in Österreich derzeit Outdoor-Veranstaltungen ohne zugewiesene Sitzplätze mit bis zu 100 Personen erlaubt, womit Pilger laut dem Experten auch in (vorzugsweise Klein-)Gruppen unterwegs sein können. Großwallfahrten mit mehreren hundert Teilnehmern hingegen hätten die Diözesen heuer meist abgesagt. Laut den jüngsten Covid19-Lockerungsverordnungen der Regierung sind religiöse Veranstaltungen von strikten Regeln ausgenommen, wobei Pilgerwanderungen nach Ansicht des Experten eine "Grauzone" darstellen. Werde die nötige Sorgfalt gewährt, sollte es für Veranstalter jedoch keine Probleme geben.
Hausverstand mitnehmen
Doch wie sieht nun Vorsichtnahme bei einer Wallfahrergruppe aus? Schon der Hausverstand gebietet, dass nur Gesunde losgehen sollten und bei jeglichem Verdacht ein Daheimbleiben angesagt ist, betonte Stadler; Mitglieder einer Risikogruppe sollten sich die Teilnahme vorab gut überlegen. Am Weg, bei Raststationen und in Unterkünften sei es angebracht, zu Personen, die nicht im eigenen Haushalt leben - und in jedem Fall zu jenen, die nicht zur eigenen Gruppe gehören - den Meterabstand zu wahren. Entsprechende Corona-Vorgaben fürs Wandern gibt es auch beim Alpenverein.
Auch beim Wallfahren gelte es heuer ferner das Händeschütteln ebenso wie Umarmungen oder das Anbieten der Trinkflasche zu unterlassen, unterstrich der Experte. Bereits vor der Tour sollte man sich zudem über etwaige Bundesländer-Richtlinien erkunden, gilt doch beispielsweise rund um den Wörthersee ab 21 Uhr derzeit Maskenpflicht. Ein weiterer Tipp: Beim Betreten von Kirchen am Weg sollten Desinfektionsspender am Eingang - sofern vorhanden - benutzt werden.
Der Mund-Nasen-Schutz sowie das Desinfektionsmittel gehören für Stadler in den Pilgerrucksack, um dann bei Engstellen am Weg oder etwaigen Shuttlediensten angewendet zu werden. Weiterhin gilt nämlich bei Bustransporten wie auch -wallfahrten wie in allen öffentlichen Verkehrsmitteln die Maskenpflicht, ebenso wie auch bei der wichtigsten Pilgerstätte Österreichs: Die Mariazeller Basilika hat in der Vorwoche angesichts der vielen für den Sommer vorgemerkten Pilgergruppen eigene Regeln für die Gottesdienstfeier herausgegeben. In der Kirche müssen ein Meter Abstand gewahrt und Mund und Nase bedeckt sein, zudem gibt es Sitzplatzmarkierungen, Ordnerdienste und bei zu großem Zustrom Eintrittsbeschränkungen. (Infos: www.pilgerwege.at)
Zum katholisch.at-Pilgerkalender
Enorme Nachfrage
Auch im "Quo Vadis?" am Wiener Stephansplatz bestätigt sich der nach der Corona-Pause neuerwachte Wallfahrts-Trend: Seit Ende des Lockdowns Mitte Mai gab es im von den Ordensgemeinschaften geführten Pilgerzentrum über 1.000 Anfragen von Interessierten, berichtete die Leiterin Lisa Huber gegenüber Kathpress. "Die sonst übers ganze Frühjahr verteilten Kontakte haben wir jetzt gebündelt. Viele informieren sich, nehmen Pilgerberatung in Anspruch, bestellen einen Pilgerpass, suchen Gleichgesinnte für den Weg oder kommen zu unseren Veranstaltungen. Waren früher internationale Wege am stärksten nachgefragt, sind es jetzt besonders die von Wien ausgehenden", so die Theologin. Auch viele "neue" Pilger seien unter den Interessierten.
Was die Menschen derzeit auf die Wallfahrtswege treibt, ist nach Einschätzung der Leiterin des Begegnungszentrums einerseits eine "Lust, sich körperlich zu betätigen". Besonders auf junge Erwachsene wie auch auf Menschen in Pension treffe dies zu. Dass das Pilgern in der Gruppe - organisiert über Pfarren, professionelle Pilgerbegleitung oder zunehmend auch via Facebook - nach wie vor starken Zulauf habe, sah Huber auch als eine Folge dessen, "dass die Begegnung mit anderen Menschen für viele nach dem Social Distancing noch wichtiger geworden ist als vorher". Gleichzeitig gebe es jedoch auch weiterhin viele Pilger, die alleine unterwegs sein und sich so eine "Auszeit" nehmen wollten.
Anfragen wegen Corona gibt es im "Quo Vadis?" vor allem, wenn es um den spanischen Camino de Santiago geht. "Viele wollen wissen, wie nun die Situation genau ist." Leider seien dort Prognosen jedoch gerade "nicht so rosig" - wegen der Hürden bei der Aus- und Einreise einerseits, andererseits hätten die Pilgerherbergen am Weg nur teilweise oder - bedingt durch die Abstandsregeln - mit geringer Kapazität geöffnet. Apropos Herbergen: Auch in Österreich sollten sich Pilger bei mehrtägiger Wallfahrt rechtzeitig um die Unterkünfte umsehen, riet Huber: "Bisher in den normalen Zeiten war es gut möglich, am selben Tag erst bei der Mittagspause das Quartier auszuwählen und anzurufen. Jetzt empfiehlt sich ein Buchen schon einige Tage zuvor, um noch sicher geöffnete Türen vorzufinden."
Quelle: Kathpress