Wien: Erste Dissertation in Islamischer Religionspädagogik publiziert
Die erste Dissertation in Islamischer Religionspädagogik an der Universität Wien ist jetzt als Buch erschienen. Unter dem Titel "Den eigenen Weg suchen und finden. Deutungsmuster von Religion und Religiosität bei Frauen türkischer Herkunft mit Universitätsabschluss in Wien", befasst sich die Autorin, Sule Dursun, darin mit der Diskrepanz zwischen dem öffentlichen Diskurs und der tatsächlichen Situation junger Musliminnen in Hinblick auf Bildung. Dursun, sie ist islamische Religionslehrerin in Wien, hat dazu eine empirische Studie verfasst, bei der u.a. der emeritierte Ordinarius für katholische Religionspädagogik an der Uni Wien, Prof. Marin Jäggle, als Gutachter fungierte. Herausgegeben wird der Band in der Reihe "Religion & Bildung" vom in Wien ansässigen "Verein der Freunde religiöser Bildung".
Vorgestellt wurde die Publikation bei der letzten Generalversammlung des Vereins, die an der Evangelisch-Theologischen Fakultät stattfand. Dabei kam es auch zu einem Vorsitzwechsel, wie der Verein am Mittwoch in einer Aussendung mitteilte: Christine Mann, Gründerin des Vereins und langjährige Leiterin des Schulamts der Erzdiözese Wien, übergab den Vereinsvorsitz an Prof. Martin Rothgangel, Institutsleiter für evangelische Religionspädagogik an der Uni Wien.
Für Rothgangel hat die vorliegende Publikation auch Bedeutung aufgrund der eignen Migrations- und Integrationserfahrungen der Autorin, die in der Türkei geboren wurde und 1993 mit 9 Jahren nach Wien gekommen ist: "Insbesondere in Großstädten prallen einheitlich prägende traditionelle islamische Werte, die das Frauen- und Familienbild betreffen, auf die vielfältigen Werte und Rollenbilder einer religiös und weltanschaulich pluralen Gesellschaft, denen durchaus der Eindruck von Beliebigkeit eigen sein kann."
Für Prof. Jäggle mache die wissenschaftliche Arbeit deutlich, dass "höhere Bildung und Transformation von Religiosität Hand in Hand gehen".
Für die katholische Schulexpertin Mann gib es in der Abhandlung "Vergleichslinien zur Situation in Österreich geborener junger Christinnen und Christen", die vor ähnlichen Herausforderungen stehen, wenn diese auch nicht so evident seien: "Auch sie haben in einem sich rasch verändernden gesellschaftlichen Ambiente ähnliche Transformationsprozesse zu gestalten, um ihre authentischen Antworten auf die neuen Fragen zu finden und dabei das Fundament ihres vielfach nur diffus verstandenen Glaubens bewahren zu können." Es sei ähnlich mit der Beheimatung in der Welt elektronischer Kommunikation. Auch die Vertrautheit mit der medialen Welt, will sie lebendig erhalten werden, brauche Beschäftigung und kontinuierliche Aktualisierung.
Das Buch (ISBN 978-3-643-50964-2) ist im "LIT"-Verlag erschienen. Es ist broschiert, hat 344 Seiten und kostet 39,90.
Verein mit interreligiösem Profil
Ging es bei der Gründung des "Vereins der Freunde religiöser Bildung" im Jahr 2000 um die Förderung des katholischen Religionsunterrichts, hat sehr bald eine Öffnung hin auf den Religionsunterricht aller Konfessionen und Religionen stattgefunden. Ausdruck davon ist auch die Zusammensetzung des wissenschaftlichen Beirats, dem neben Kardinal Christoph Schönborn und dem früheren evangelischen Bischof Michael Bünker weitere namhafte katholische, evangelische und islamische Theologen angehören. In den letzten Jahren hat der Verein die Perspektive nochmals auf die Bedeutung religiöser Bildung auf allen Ebenen - von allgemeiner und beruflicher Bildung - und auf alle Religionen hin erweitert.
Martin Jäggle, von Anfang an mit dabei: "Die Mehrsprachigkeit des Vereinsnamens (Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Hebräisch, Griechisch, Arabisch, Russisch, Spanisch) macht deutlich, dass dieser österreichische multireligiöse Verein eine internationale Aufgabe hat und diese auch wahrnimmt." In der Vergangenheit hat der Verein u.a. die erfolgreichen interreligiösen Schülerkalender herausgegeben, die in ganz Europa bestellt wurden, und er fiel mit interessanten Postern auf.
Kardinal Franz König, eines der ersten Ehrenmitglieder, gratulierte bei der Gründung vor 20 Jahren und betonte: "Ich sehe in dieser zivilgesellschaftlichen Initiative ein ganz wichtiges Signal im Sinn des II. Vaticanums." Als eines der prominenten Gründungsmitglieder fungierte neben Paul Michael Zulehner auch der Theologe und Mediziner Johannes Huber, der erklärte: "Ich habe immer schon geradezu darauf gewartet, mich für diese Anliegen einzusetzen und Mitverantwortung zu übernehmen. Ich denke, mit dem Verein können wir etwas bewegen und - was gibt es Schöneres?"
Das letzte eben abgeschlossene Projekt des Vereins firmiert unter "Religious Education at Schools in Europe" (www.rel-edu.eu). Es handelt sich dabei um eine insgesamt 6-bändigen Reihe über religiöse Bildung an Schulen in allen Staaten Europas und wurde vom "Verein der Freunde religiöser Bildung" gefördert. Unterstützung durch den Verein gibt es auch für nächstjährige Tagung über "Love and Education". Dabei handelt es sich um Kooperationsprojekt zwischen der Uni Wien und der Uni Haifa, wie Jäggle ausführte.
Quelle: Kathpress