Schulexpertin Pinz entkräftet Vorurteile gegen Religionsunterricht
"Religion beinhaltet Ethik, ohne sich darin zu erschöpfen": Mit dieser These bezieht die Schulamtsleiterin der Erzdiözese Wien, Andrea Pinz, gegen grassierende Vorurteile über den konfessionellen Religionsunterricht Stellung und verteidigt das von der türkis-grünen Regierung aktuell geplante Modell eines Ethikunterrichts für Schüler, die keinen Religionsunterricht besuchen. Nur wer Religionsunterricht "entweder nicht kennt, oder bewusst falsch darstellen will", könne behaupten, dass Religionsunterricht indoktrinär sei oder keine ethischen Fragestellungen behandeln würde, entgegnete die Leiterin des österreichweiten interdiözesanen Schulamtes in einem "Presse"-Gastkommentar (Montag) entsprechender Kritik. "Beide Vorurteile können mit Blick auf die Religionslehrerinnenausbildung, deren Inhalte sowie auf aktuelle Lehrpläne und die Praxis leicht ausgeräumt werden", hielt Pinz fest.
Beim schulischen Religionsunterricht gehe es um eine vernunftgeleitete Auseinandersetzung mit dem Glauben in seiner sinnstiftenden und kulturprägenden Kraft. "'Reli' betreibt keine Glaubensunterweisung im engeren Sinn, sondern möchte Inhalte der eigenen Glaubenstradition mit der Lebenspraxis von Kindern und Jugendlichen, aber auch mit aktuellen gesellschaftlichen Fragestellungen und diversen Weltanschauungen in Beziehung setzen", so Pinz. Verschiedene, durchaus differente Positionen und Haltungen könnten dabei zu Wort kommen, genauso wie Kritik an Inhalten der eigenen religiösen Tradition. Die Stärke des Religionsunterrichts liege gerade darin, dass er emotional und kulturell geprägte religiöse Grundhaltungen einer vernünftigen, offenen Diskussion zuführen könne.
"Dazu kommt, dass christliche Glaubensinhalte immer schon ethische Implikationen haben, die für die Allgemeinheit Bedeutung haben", führte die Schulamtsleiterin weiter aus. Als Beispiel verwies sie auf das christliche Verständnis von Schöpfungsverantwortung. So sei aus biblischer Sicht der Mensch immer nur Gast auf Erden, und es sei im aufgetragen, mit der geschenkten Natur und Umwelt verantwortungsvoll umzugehen: "Die daraus erwachsende Relevanz für aktuelle Themen wie Nachhaltigkeit, Lebensstil und Klimaschutz liegt auf der Hand."
Der Religionsunterricht habe zudem einen "persönlichkeitsbildenden Schwerpunkt". Er biete aus der Auseinandersetzung mit der Glaubenstradition Kindern und Jugendlichen Orientierung und Hilfestellung für die Lebensbewältigung und wolle gleichzeitig zur selbstständigen Reflexion und zum autonomen Denken anregen. "Es ist daher leicht zu belegen, dass Bildungsziele und Inhalte, die nun im Ethiklehrplan festgeschrieben sind, sich auch bei Religion finden: In beiden Fächern geht es um grundlegende Fragen der personalen Freiheit und ethischen Urteilsfindung, Sozialethik, Glücksvorstellungen, der Interkulturalität und Interreligiosität, der Menschenrechte etc.", erklärte Pinz.
"Aus Sicht des Religionsunterrichts ist der Besuch beider Unterrichte daher nicht zielführend", hielt die katholische Schulverantwortliche fest. Zu begrüßen seien aber die neuen Kooperationsmöglichkeiten im von der Regierung präferierten Modell, wo die Schüler beider Fächer auch gemeinsam unterrichtet werden können und was sich im diesbezüglichen Schulversuch der letzten 20 Jahre schon bewährt haben. Pinz abschließend:
Religion und Ethik haben als Fächer ihren Wert, die Schülerinnen und Schüler sollten zwischen ihnen eine echte Wahl haben. Untergriffige Vorurteile gegen den Religionsunterricht oder der zwangsweise zusätzliche Ethikunterricht für alle sind dafür der falsche Weg.
Quelle: kathpress