Sozialorganisationen zu Corona-Hilfsfonds: Noch Baustellen offen
Der von der Bundesregierung eingerichtete Corona-Hilfsfonds für NPOs und gemeinnützige Vereine "bringt zwar deutliche Verbesserungen für die krisenbedingt schwierige Lage von Non-Profit-Organisationen", dennoch sind laut der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG) mit den Mitgliedern Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe "etliche relevante Fragen nach wie vor ungelöst". In einer Aussendung nach der Präsentation des mit 700 Mio. Euro dotierten NPO-Fonds durch Vizekanzler Werner Kogler und Ministerin Elisabeth Köstinger am Donnerstag sprach die BAG von "noch offenen Baustellen".
Kultusministerin Susanne Raab begrüßte den Unterstützungsfonds dagegen, der die Folgen der Corona-Krise bewältigen helfen soll. Besonders erfreut zeigte sie sich darüber, dass dies auch gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften zugutekommt. "Religiöse Einrichtungen und Strukturen haben vielen Menschen während der Corona-Krise Halt gegeben und einen unschätzbaren Beitrag für unsere Gesellschaft geleistet", hielt Raab in ihrer Stellungnahme fest. Sie würdigte als Beispiel die Leistungen der Telefonseelsorge. Dass das Engagement der Religionsgemeinschaften beim NPO-Fonds entsprechend berücksichtigt wurde, sei "ein wichtiger Schritt auf dem Weg aus der Krise heraus".
Ab 8. Juli können NPOs aus allen Lebensbereichen unter www.npo-fonds.at Mittel beantragen, wiesen Kogler und Köstinger in ihrer Pressekonferenz hin. 35 der insgesamt 700 Mio. Euro sind für den Profisport reserviert. Gewährt wird - in zwei Tranchen - ein Fixkostenzuschuss etwa für Miet- oder Personalkosten sowie ein Struktursicherungsbeitrag, der mit sieben Prozent der Einnahmen des Jahres 2019 gedeckelt ist. Pro Organisation werden höchstens 2,4 Mio. Euro ausgezahlt. Geld gibt es vorerst für ein halbes Jahr, konkret vom Beginn der Corona-Krise bis 30. September.
Die in der BAG vereinten Sozialorganisationen sehen den Hilfsfonds grundsätzlich positiv. Themen wie eine Corona-Gefahrenzulage für Gesundheits-, Pflege- und Sozialberufe seien jedoch nach wie vor ungeklärt, monierten Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe in ihrer gemeinsamen Aussendung. "In der Krise haben Öffentlichkeit und Politik erkannt, wie hoch die Systemrelevanz der Arbeit der Beschäftigten in den Gesundheits-, Pflege- und Sozialberufen ist", meinte Elisabeth Anselm vom Hilfswerk Österreich und seit Mittwoch neue BAG-Vorsitzende. "Es gab berechtigten Applaus, aber jetzt muss der politische Offenbarungseid folgen." Anselm erinnerte an die von den Sozialpartnern in Aussicht gestellte Corona-Gefahrenzulage, die sich die Betreffenden "mehr als verdient" hätten.
Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser wies darauf hin, dass NPOs in der Krise auch mit weiteren, spezifischen Mehrkosten im Personalbereich konfrontiert seien. Sie resultierten beispielsweise aus Frei- und Ersatzstellungen von Personal im Falle notwendiger Tests und damit einhergehender langer Wartezeiten für gesamte Teams.
Erhebliche Mehrkosten durch Hygiene- und Schutzausrüstung erwähnte Bernd Wachter, Generalsekretär der Caritas Österreich. Dafür müsse es zügig zu entsprechender Abgeltung durch die Länder kommen, die wiederum auf Bundesmittel zurückgreifen könnten.
Dass auch der gemeinnützige Bereich staatliche Finanzierungsgarantien benötige, wie sie der heimischen Wirtschaft schon seit vielen Wochen zur Verfügung stehen, forderte Erich Fenninger von der Volkshilfe Österreich.
Es sei auch der Krisenfestigkeit und Einsatzbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Sozial- und Hilfsorganisationen zu verdanken, dass Österreich "bisher einigermaßen glimpflich durch die Krise gekommen" sei, begründete Rot-Kreuz-Generalsekretär Michael Opriesnig seine Forderung nach einer stärekren auch ökonomischen Anerkennung.
Abschließend forderten die BAG-Träger, dass auch Pflege- und Sozialorganisationen systematisch in die Krisenstäbe eingebunden werden, um ihr praktisches Know-how einbringen zu können.
"Jugend Eine Welt": Über Österreich hinausblicken
Die Hilfsorganisation "Jugend Eine Welt" begrüßte am Donnerstag den NPO-Fonds als "großzügigen, dringend notwendigen Ausgleich". Die Politik möge zivilgesellschaftliche Organisationen in Zukunft besser sichtbar machen und würdigen, die Rahmenbedingungen des Sektors verbessern und Beteiligungsprozesse fördern: "Je besser der Überblick der Bundesregierung über die vielfältigen Leistungen der gemeinnützigen Organisationen ist, desto besser, schneller und zielgerichteter kann sie diese in Zukunft fördern!"
Und auch die internationale Verantwortung Österreichs dürfe nicht vergessen werden, betonte "Jugend Eine Welt". Ihr Appell an die Regierung: Österreich soll europaweit mit gutem Beispiel vorangehen und ehebaldigst das vom Dachverband "Globale Verantwortung" geforderte internationale COVID-19-Rettungspaket mit einer Soforthilfe in Höhe von 100 Millionen Euro beschließen.
(Info: www.npo-fonds.at; www.freiewohlfahrt.at; www.jugendeinewelt.at)
Quelle: kathpress