Scheuer: Kirche durchlebt eine Zeit der Reinigung
Der gesellschaftliche Wandel der vergangenen Jahrzehnte, aber auch die Erkenntnis von Verfehlungen und Missbrauch in den eigenen Reihen haben nach den Worten von Bischof Manfred Scheuer dazu geführt, dass die Kirche derzeit eine "Zeit der Reinigung" erlebt: "Das tut weh, macht uns ärmer und einfacher, bringt uns hoffentlich aber wieder näher in die Freundschaft mit Jesus", sagte der Linzer Diözesanbischof am Montag bei der Chrisammesse mit Priestern und Diakonen, die heuer ihr Weihejubiläum feiern, im Linzer Dom.
Das öffentliche Bild des Priesters, sein Amtsverständnis, die Erwartungen an ihn, das Wohlwollen und Vertrauen ihm gegenüber, jedoch auch der "Verdacht gegenüber den Priestern" und deren Lebenskulturen hätten sich stark verändert: "Erfahrungen von Macht und Ohnmacht, Schräglagen in den Forderungen nach Gleichheit bei Hierarchie und Ungleichheit, aber auch Missbrauch und Gewalt" hätten sich tief im kirchlichen wie auch persönlichem Leben eingeschnitten. Der Schrei der Opfer dürfe nicht zum Schweigen gebracht werden, so Scheuer; es gelte, der "Kultur des Missbrauchs" keinen Raum zu geben und eine "Kultur der pastoralen Sorge" zu entwickeln.
Entsprechend sollte auch die Szene aus dem Matthäusevangelium, bei der Jesus Petrus die Schlüssel des Himmelreiches verspricht, nicht nur als Binde- und Lösegewalt oder als Zeichen übertragener Jurisdiktionsgewalt verstanden werden, sagte der Bischof. Auch die Frage, "ob Christus den Schlüssel zu uns findet und ob wir einen Schlüssel zu den Menschen und ihren ganz unterschiedlichen Lebenssituationen finden", sei hier entscheidend. Besonders gelte dies bei Krisen, Krankheiten, Konflikten, Beziehungsschwierigkeiten, Abhängigkeiten oder Problemen bei Arbeit und Wohnung: All diese Situationen gelte es "auf das Himmelreich hin" aufzuschließen.
So verstanden, geht es beim "Schlüssel für das Himmelreich" laut Scheuer um "Berühren und Erreichen, um Erreichbarkeit und Ansprechbarkeit, um Nachgehen und um Gastfreundschaft, um Heilen und Versöhnen, um Nahrung und Befreiung, um Verwandlung der Ängste und Nöte, um das 'Erschließen' von Hoffnung und Zukunft in ausweglosen Situationen, um die Hinführung zum Geheimnis Gottes".
Den Angaben zufolge feiern heuer 62 Priester in der Diözese Linz - darunter 18 Ordenspriester - ihr 25- bis sogar 70-jähriges Weihejubiläum; 13 Jubilare wurden vor 35, 30 bzw. 25 Jahren zu Diakonen geweiht. Auch Bischof Manfred Scheuer begeht heuer ein Jubiläum: Seine Priesterweihe fand vor 40 Jahren, am 10. Oktober 1980, in Rom statt.
Die Chrisammesse mit der Weihe der Heiligen Öle findet üblicherweise in den Tagen vor Ostern statt, heuer jedoch in mehreren Diözesen aufgrund den Corona-Restriktionen im April erst am Tag des Kirchenfestes Peter und Paul. Es habe dabei "österliche Stimmung" geherrscht, heißt es in der Aussendung der Diözese Linz.
Quelle: kathpress