Pfarrer in Aleppo: "Wir steuern auf eine echte Hungersnot zu"
P. Ibrahim Alsabagh, der römisch-katholische Pfarrer von Aleppo und Obere des örtlichen Franziskanerklosters, hat vor einer dramatischen Hungersnot in der nordsyrischen Stadt gewarnt. In einem Schreiben an das in Linz ansässige Hilfswerk "Initiative Christlicher Orient", das Kathpress vorliegt, macht der Priester dafür die westlichen Sanktionen gegen das Land und nun nochmals dezidiert die seit Kurzem angelaufenen verschärften "Ceasar Act-Sanktionen" verantwortlich, mit denen die US-Regierung das syrische Regime in die Knie zwingen will.
"Syrien steht am Rande des wirtschaftlichen Zusammenbruchs, vor allem wegen des Embargos, das vor allem die Armen betrifft, die im Land verblieben sind. (...) Wir rechnen mit dem Schlimmsten", so P. Alsabagh. Der Kurs der syrischen Lira sei ins Bodenlose abgestürzt, der Arbeitslohn - so die Menschen überhaupt Arbeit haben - decke nur mehr einen kleinen Teil der Ernährung einer Familie. "Wir steuern auf eine echte Hungersnot zu, die ein grenzenloses Chaos zur Folge haben wird", so der Ordensmann. Geschäfte würden schließen, es gebe auch immer weniger Strom. Berichten zufolge würden immer mehr Menschen in Syrien aufgrund ihrer Verelendung eine ihrer Nieren verkaufen, und die Selbstmordrate steige.
In den staatlichen Krankenhäusern seien die Betten für eine mögliche Coronaepidemie reserviert. So müssten die Menschen, wenn es dringend notwendig ist, Privatkliniken aufsuchen, was sich freilich kaum jemand noch leisten könne. "Und in den Apotheken gibt es keine Medikamente mehr, nicht einmal mehr gegen Kopfschmerzen", erklärt Alsabagh.
Die katholische Pfarre von Aleppo bemüht sich - u.a. mit Unterstützung der ICO - die schlimmste Not in der Stadt zu lindern. Dieser Tage wurden etwa Nahrungsmittelpakete an alte, kranke und alleinstehende Menschen verteilt. Wörtlich schreibt P. Alsabagh: "Wir verstärken unser Gebet, (...) ohne die Werke der Nächstenliebe zu vergessen und den Menschen auf alle mögliche Weise zu Hilfe zu kommen. - Mit Lebensmitteln, finanzieller Unterstützung für Medikamente oder Operationen, mit Geld für den Schulbetrieb, mit Windeln, Milch für die Neugeborenen, ..."
Trotz aller Schwierigkeiten will die Pfarre zudem für hunderte Kinder Sommeraktivitäten durchführen. Kinder sollten dadurch ein wenig vom tragischen Alltag abgelenkt werden und in der Pfarre auch täglich eine warme Mahlzeit bekommen. (Infos: www.christlicher-orient.at)
Quelle: kathpress