Schulterschluss der Religionen für Klimavolksbegehren
"Ein historischer Moment" war laut Volksbegehrenssprecherin Katharina Rogenhofer der am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien erfolgte Schulterschluss der österreichischen Religionsgemeinschaften für den Klimaschutz und der gemeinsame Aufruf zur Unterzeichnung des diese Woche zur Unterzeichnung aufliegenden Klimavolksbegehrens. Damit zeigten er und die weiteren fünf Religionsvertreter, dass sie "Zukunft sichern" wollen, sagte Kardinal Christoph Schönborn in seinem Statement. Mit ihm am Podium: der lutherische Bischof Michael Chalupka, der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic und die Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, der Islamischen Glaubensgemeinschaft und der Buddhistischen Religionsgesellschaft, Oskar Deutsch, Ümit Vural und Gerhard Weissgrab.
Kardinal Schönborn kam als Gastgeber in den Räumlichkeiten der Erzdiözese Wien als erster der Religionsvertreter zu Wort. "In den vergangenen Jahrzehnten haben wir die Welt und ihre natürlichen Ressourcen über die Maßen ausgebeutet. Die Folgen sind weltweit schmerzlich spürbar", wies er hin. Schönborn appellierte an die Verantwortung aller, "diesen Trend umzukehren und uns für die Bewahrung der Schöpfung, mehr Klimagerechtigkeit, eine nachhaltige Wirtschaft einzusetzen".
Der Kardinal erinnerte an die Ansprache des deutschen Klimaforschers Hans Joachim Schellnhuber bei der Amazonien-Synode im Vatikan, wo sich die katholische Kirche im vergangenen Oktober mit einer Weltregion befasste, die der Größe Europas von Portugal bis zum Ural entspricht. "Die Zerstörung des Regenwaldes in Amazonien ist die Zerstörung der Welt", so der laut Schönborn "schockierende" Alarmruf des Wissenschaftlers. Allein im Jahr 2019 seien elf Millionen Hektar Amazonienwald gerodet worden, wies der Erzbischof auf die anhaltende Bedrohung hin.
Zum Welt-Umwelttag habe Papst Franziskus unterstrichen: "Wir können nicht verlangen, in einer kranken Welt gesund zu bleiben." Es liege an den heutigen Zeitgenossen, den Trend umzukehren und auf eine bessere, gesündere Welt zu setzen, um sie den künftigen Generationen als Erbe zu hinterlassen. "Alles hängt von uns ab, wenn wir es wirklich wollen", betonte Schönborn. Mit ihrer gemeinsamen Unterstützung des Klimavolksbegehrens zeigte die österreichischen Religionsvertreter: "Wir wollen!"
Chalupka gegen "Klima-Apartheid" Europas
Der Auftrag Gottes, die Schöpfung zu bewahren und sie nicht zu zerstören, ist nach den Worten von Bischof Chalupka ein Grund für die Evangelische Kirche, das Volksbegehren zu unterstützen. Seine Kirche verstehe sich als Teil einer weltweiten Glaubensgemeinschaft, jede "Klima-Apartheid" im Sinne von "Europa wird es schon nicht so schlimm erwischen" sei somit fehl am Platz. Schon jetzt würden Menschen in Ländern des Südens massiv unter der Klimakatastrophe leiden.
Um politisch etwas in Gang zu setzen, braucht es nach den Worten Chalupkas eine klare, wissenschaftlich fundierte Analyse, das Erkennen notwendiger Maßnahmen und entsprechendes Bewusstsein in der Bevölkerung. Die Corona-Krise habe gezeigt, dass sehr schnelles Reagieren möglich ist, wenn die "Herzen und Hirne" der Menschen erreicht werden. Und um dies zu schaffen, seien Religionen da, begründete der evangelische Bischof sein Engagement für das Volksbegehren.
Auch der die Serbisch-orthodoxe Kirche in Österreich vertretende Bischof Andrej (Cilerdzic) betonte die notwendige Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften beim Klimaschutz: "Angesichts der Komplexität unserer sozialen und ökologisch-spirituellen Wirklichkeit ist das Gebot einer ökumenischen Zusammenarbeit speziell auch in sozialethischen Belangen fühlbar geworden." Die Liebe zur Schöpfung und die Liebe zu Gott könnten nie getrennt, sondern immer nur zusammen verwirklicht werden. Cilerdzic zeigte sich erfreut, dass die Religionen ihre Kräfte bei diesem Thema bündeln und "Schulter an Schulter verantwortungsbewusst dieses generationsübergreifende Thema besprechen".
Deutsch: Gottesgebot und Hausverstand
Der Schutz der Umwelt leitet sich nach den Worten von IKG-Präsident Deutsch "aus der Tora und aus dem Hausverstand ab". Er erinnerte an den Auftrag Gottes an Adam und Eva in der Heiligen Schrift, den Garten Eden zu bearbeiten und zu schützen, dies sei in der jüdischen Tradition als Gebot verstanden worden, achtsam mit der Schöpfung umzugehen. "Wir haben nur diesen einen Planeten!", so Deutsch.
Unterstützung für das Klimavolksbegehren kommt auch aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft: Als Kind habe er noch "echte Winter" mit viel Schneefall und Sommer mit Schmetterlingen und vielen Bienen erlebt, erzählte IGGÖ-Präsident Vural. Seine Kinder könnten dies heute so nicht mehr erleben. Die Folgen des Klimawandels beträfen vor allem die armen Regionen der Erde und nötigten immer mehr Menschen zur Flucht, wies Vural hin. "Wir stehen gemeinsam in der Pflicht, den bereits entstandenen Schaden abzuwenden und das ökologische Gleichgewicht für die uns folgenden Generationen wiederherzustellen."
Buddhistenvertreter Weissgrab verglich das Universum mit einem Netz, durch das alles mit allem in Verbindung stehe. Jedes Handeln wirke sich auf andere aus, Unheil falle letztlich auf den Verursacher zurück. Weissgrab mahnte Eigenverantwortung und Mitgefühl als buddhistische Prinzipien ein, die auch im Blick auf die Tierwelt zu beachten seien.
Anliegen "über religiöse Grenzen hinweg"
Sprecherin Katharina Rogenhofer freute sich über die "Premiere in der Geschichte der Volksbegehren", dass die großen Glaubensgemeinschaften gemeinsam für dessen Ziele eintreten. Sie erwähnte auch einen am Mittwoch veröffentlichten Offenen Brief an die Bundesregierung mit dem Aufruf zu einer mutigen Klimapolitik, dem sich insgesamt 85 konfessionelle Organisationen anschlossen. Die interreligiöse Pressekonferenz und der Brief seien "ein starker Ausdruck dafür, dass die Forderung nach ernsthafter Klimapolitik aus dem Herzen der Gesellschaft kommt und tief in unserer gemeinsamen Kultur verwurzelt ist - über alle sozialen und religiösen Grenzen hinweg!" Dies sollten die verantwortlichen Politiker ernst nehmen "und endlich von vereinzelten Versprechen in die Umsetzung kommen".
Das laufende Klimavolksbegehren wurde bis Dienstagabend von rund 180.000 Menschen unterschrieben. Bis 29. Juni ist die Unterzeichnung an den Bezirksämtern und im Internet noch möglich.
(Link zum Offenen Brief: https://klimavolksbegehren.at/wp-content/uploads/2020/06/Offener-Brief_Klimavolksbegehren_Glaubensgemeinschaften.pdf)
Quelle: kathpresss