Elbs über Kirchenzukunft: Weniger Konzerndenken, mehr Mystik
"Kirche hat dann Zukunft, wenn sie wirklich mit Gott rechnet." Das hat der Feldkircher Bischof Benno Elbs in seiner Predigt Dienstagfrüh bei der Morgenmesse der heimischen Bischöfe in Mariazell betont. Die zukünftige Gestalt der Kirche müsse vor allem eine geistliche sein mit einem klaren Fokus auf der mystischen Dimension des Glaubens, zeigte sich Elbs überzeugt. Zugleich brach er in seiner Predigt auch eine Lanze für religiöse Zeichen im öffentlichen Raum, denn diese würden den öffentlichen Raum offen halten für die Gegenwart Gottes.
"Oft reden wir von der Kirche wie von einem Konzern", bemerkte Elbs in seiner Predigt selbstkritisch. Das sei zwar nicht von vornherein verwerflich, aber nicht das Wesentliche. Kirche werde vielmehr dort wesentlich, "wo der Einzelne eine persönliche Glaubenserfahrung macht und die Anziehung Jesu spürt".
Elbs verwies auf den deutschen Pastoraltheologe Gottfried Bitter, der vom "praktischen Deismus" geschrieben hat, der das kirchliche Tun und zumal auch das pastorale Planen prägt: "Wir leugnen Gott zwar nicht, aber wir rechnen auch nicht ernsthaft mit seinem Dasein in unserer Geschichte."
Es brauche einen klaren Fokus auf die mystische Dimension des Glaubens. Elbs: "Diesem geistlichen Aspekt müssen wir verstärkt Raum geben: in der Seelsorge, in der Feier der Sakramente, in der Verkündigung, in einer geistlichen Amtsausübung." Nur wenn die Kirche über sich hinausweisen kann, könne sie die Menschen in das Geheimnis Gottes führen, so der Bischof: "Kirche hat Zukunft, wenn sie wirklich mit Gott rechnet und Gott größer denkt."
Dass Bischof Elbs am Dienstag der Morgenmesse der Bischöfe vorstand, war kein Zufall, feierte er doch seinen Namenstag. Der 16. Juni ist der kirchliche Gedenktag des heiligen Benno (ca. 1010 - 1106). Elbs erzählte von seinem Besuch im Dom von Meißen, wo der heilige Benno im 11. Jahrhundert als Bischof gewirkt hat. Überall habe er vergeblich nach einem Bild oder einer Statue des Heiligen gesucht. Doch alles, was an den Heiligen erinnern hätte können, sei in der Reformation entfernt worden. Damals habe er sich gedacht: "Wenn auch die Kirche ausgeräumt wurde, so hat der Raum selber eine Botschaft, die unverwüstlich ist."
Öffentliche religiöse Zeichen
Es sei wichtig, "dass wir religiöse Zeichen im öffentlichen Raum haben". Der christliche Glaube sei zwar persönlich, aber nicht privat. "Religiöse Zeichen im öffentlichen Raum reden, wenn alles andere schweigt bzw. wenn durch eine Pandemie sozusagen vieles zum Schweigen gebracht wird", so der Bischof und weiter:
Wegkreuze, Kapellen, Glocken erzählen von Glauben. Der Kirchturm in jedem Dorf zeigt in Richtung Himmel und weist darauf hin, dass es noch mehr gibt das, was uns umgibt. Die Kirche und der Kirchenraum sind in diesem Sinn wie ein begehbares Medikament, das Hoffnung und Zuversicht spendet.
In Bezug auf das Tagesevangelium aus der Bergpredigt Jesu unterstrich der Bischof, dass das "Mehr" des Evangeliums, das über einen bloßen Humanismus hinausweist, dabei vor allem auch die Feindesliebe sei. Die Nächstenliebe, die Jesus seinen Jüngern nicht nur predigt, sondern auch vorlebt, schließe die Feinde mit ein und damit alle, die nicht zur eigenen Gruppe oder Gesinnungsgemeinschaft gehören. Überwunden werden soll ein Clan-Denken, das den Einsatz für das Gute nicht über die Grenzen der eigenen vier Wände, des eigenen Landes, des eigenen Kirchturms hinaus auszudehnen vermag, und für das jenseits des eigenen Horizonts Niemandsland, Feindesland liegt.
Jesus sei besonders mit seiner Forderung der Feindesliebe "allezeit ein Unruhestifter in unseren Gedanken und in unserem Herzen", so der Bischof, und er räumte ein: "Wohl bei keinem anderen Gebot Jesu ist die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis so groß wie hier."
Die Bischöfe tagen noch bis Donnerstag im Rahmen der Sommervollversammlung der Bischofskonferenz in Mariazell. Für Dienstag steht u.a. die Wahl des neuen Vorsitzenden der Bischofskonferenz auf der Tagesordnung.
Quelle: kathpress