Bischof Schwarz: Umfassender Ansatz von "Laudato si" bestätigt sich
Die Corona-Krise hat eine der wesentlichen Aussagen der vor fünf Jahren erschienenen Papstenzyklika "Laudato si" bestätigt - nämlich "dass unsere Gesellschaft eine zutiefst verwobene Struktur darstellt". Das darf nach den Worten des St. Pöltner Bischofs Alois Schwarz nicht aus dem Blick geraten. "Wir Menschen können nicht ausschließlich Partikularinteressen verfolgen, das geht nicht mehr." Sozial, ökologisch und ökonomisch seien die drei Säulen der Nachhaltigkeit, die Papst Franziskus in den Mittelpunkt seines Schreibens stellt, erinnerte Schwarz am Montag im Kathpress-Interview. Es wäre somit verfehlt, "Laudato si" auf eine rein ökologische Dimension zu reduzieren. "Das eine geht nicht ohne das andere", betonte der Bischof, der durch seine Referate in der Bischofskonferenz - Umwelt und Wirtschaft - selbst ein Beispiel für diesen verwobenen Ansatz ist.
Der Preis, der derzeit für die Eindämmung der Pandemie zu zahlen ist, sei gewaltig: Bischof Schwarz verwies auf die enorm hohe Arbeitslosigkeit ebenso als Beispiel wie auf die seelisch-psychische Dimension der "tiefen Einschnitte in unsere persönliche Freiheit, auch in unser Glaubensleben". Die Verschiebung und Verstärkung sozialer, aber auch ökonomischer Schieflagen werde uns alle lange Zeit beschäftigen, prognostizierte Schwarz.
Skeptisch äußerte sich der Bischof zur rasanten Beschleunigung der Digitalisierung im Zuge der Corona-Krise: Diese sei weder sozial noch ökologisch uneingeschränkt sinnvoll: "Nur, weil Menschen nicht mehr Zug, Auto oder Flugzeug besteigen, heißt das nicht, dass wir aufhören, vernetzt zu sein." Schwarz gab zu bedenken, dass die für Digitalisierung genutzten Rechenzentren auf der ganzen Welt einen Stromverbrauch von ganzen Städten aufwiesen. "Mir persönlich ist der analog-reale Kontakt, das Unterwegssein, mit Menschen zusammen zu kommen, sehr schmerzlich abgegangen", resümierte der Bischof. "Ob wir Menschen uns an solcherart harte Einschnitte gewöhnen sollen? Das erscheint mir nicht der richtige Weg."
Bedarf grün und innovativ decken
In einer Phase des Hochfahrens des wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens setzt Bischof Schwarz auf Innovation, die aus der ökologischen wie aus der ökonomischen Krise führt. Verbrauch und Nutzung spielten gerade in industrialisierten Gesellschaften eine große Rolle. "Es wird weltweit nie darum gehen, wie wir weniger dürfen sollen, sondern darum, wie effizient, wie innovativ, und wie grün Bedarf gedeckt werden kann", betonte Schwarz.
Das Wort "systemrelevant" habe ihn ebenfalls nachdenklich gemacht und "ist eigentlich das genaue Gegenteil vom Ansatz in 'Laudato si'": Wenn es ein gemeinsames Haus gibt, dann dürfe auf niemanden vergessen werden.
Für Antworten auf die brennenden Fragen der Zeit seien Dialog, Zuhören und Aufeinander-Zugehen notwendig, Grabenkämpfe jedoch fehl am Platz, so die Überzeugung des Bischofs. Innovation und Unternehmergeist seien Motoren der Menschheitsgeschichte und hätten auch immer für Impulse aus Krisen heraus gesorgt. Dass Wohlstand schaffendes Unternehmertum heute freilich ganzheitlich gedacht werden müsse, zeige "Laudato si" sehr deutlich.
Ökosoziales als Querschnittmaterie
Auch für den kirchlichen Bereich gilt nach den Worten des St. Pöltner Bischofs: "Die ökosoziale Dimension von Wirtschaftlichkeit muss sich wie ein roter Faden durch Bereiche ziehen, darf nicht Einzelinteresse sein, sondern muss Querschnittmaterie werden." In den österreichischen Diözesen gebe es einige Jahre nach dem Beschluss ambitionierter Ökologieziele durch die Bischofskonferenz als Reaktion auf "Laudato si" zwar eine "Ungleichzeitigkeit". Aber es entstünden im Einzelnen sinnvolle und richtige Dinge. "Hier sind die Pfarren und Gemeinden vielerorts auf einem richtigen Weg", was die Bischöfe "natürlich auch strukturell einfordern". Stützen könnten sie sich dabei auch auf das dichte Netz an Umweltbeauftragten.
Zum 5-Jahres-Jubiläum von "Laudato si" empfahl Schwarz die neuerliche Lektüre der Enzyklika. Er erinnerte an den jüngsten Hinweis des Nachhaltigkeitsforschers Fred Luks, dass in dem Papstschreiben die drei Begriffe Schönheit, Fülle und Großzügigkeit tonangebend seien und unsere Welt außer aus Knappheiten auch aus Fülle bestehe. Um eine Leidenschaft für den Umweltschutz zu fördern, braucht es auch nach den Worten des Bischofs eine "Mystik, die uns beseelt" und eine "ökologische Umkehr" (LS Nr. 216.217). Das seien neue, lohnende Blickwinkel zum Jahrestag.
Quelle: kathpress