Rosenberger: "Laudato si" sorgt für "Riesenschritt" in Kirche
Die Enzyklika "Laudato si" hat für die Themen Umwelt und soziale Verantwortung in die katholischen Kirche in Österreich eine große Bedeutung. Diese Einschätzung äußerte der seit Jahren mit Ökologie-Themen befasste Linzer Moraltheologe Univ.-Prof. Michael Rosenberger anlässlich des 5-Jahr-Jubiläums des Papstschreibens gegenüber Kathpress. Dass die Bischöfe noch im Jahr des Erscheinens einstimmig und damit in allen Diözesen die Umwelt zu einem der wichtigsten Programmpunkte machten, "war allein schon ein Riesenschritt", anerkannte der damalige Referent bei einem Studientag der Bischofskonferenz. Damals sei gesagt worden: "Wir nehmen uns überprüfbare konkrete Ziele vor und versuchen diese umzusetzen."
Die damals benannten Ziele seien noch nicht zu 100 Prozent erreicht, aber die Diözesen seien auf einem guten Weg, "zum Teil auf einem sehr guten Weg unterwegs", lobte Rosenberger. Das Bewusstsein sei deutlich gestiegen, dass man dem Umweltthema in Zusammenhang mit sozialen Fragen sehr viel Aufmerksamkeit widmen muss. In vielen Diözesen seien "danach tatsächlich beachtliche Dinge in Bewegung gekommen", befand der auch als Umweltsprecher der Diözese Linz fungierende Theologe.
Auch in vielen Pfarren habe die Enzyklika eine hohe Wirkung gezeigt. "Es ist zwar eine Minderheit, also vielleicht zehn oder 15 Prozent der Pfarren, aber in diesen "wurden Prozesse in Bewegung gebracht hin zum konkreten Handeln". Rosenberger erwähnte die Gründung eigener Fachausschüsse für Schöpfungsverantwortung, die etwa in der Diözese Linz für einen "Quantensprung" seit "Laudato si" gesorgt hätten.
Manche katholische Organisationen widmeten sich jetzt ebenfalls viel stärker dem Thema. "Eindeutig ist das beispielsweise in der Caritas sichtbar", erklärte Rosenberger. Dort würden Fragen des ethischen Konsums gestellt, wie beispielsweise: "Wo kommen unsere Gegenstände her, die wir in unserer Caritas-Arbeit brauchen? Wie gestalten wir unsere Mobilität?"
Dem Linzer Theologen fällt auf, dass auch in vielen außerkirchlichen Kontexten Papst Franziskus als "Kronzeuge" für Nachhaltigkeit zitiert werde. Etwa bei der jetzt allerdings durch Corona eingeschränkten "Fridays for Future"-Bewegung, wo der Papst auf der Website und anderswo als einer der Unterstützer genannt wird. "Das finde ich klasse, weil Kirche so im außerkirchlichen Feld eine ganz andere Position gewinnt", so der Theologe. Bei "Fridays for Future" seien auch viele Muslime dabei gewesen, die hier vielleicht eine Chance sähen, dass das Thema Klimaschutz Menschen über Religionsgrenzen hinweg verbindet.
"Jetzt ist ein Kairos" für Änderungen
Er erkenne im Herunterfahren von Aktivitäten in der Coronazeit auch eine Chance, sagte der Moraltheologe weiter. In einigen Branchen wie dem Tourismus werde es noch eine Weile sehr eingeschränkt weitergehen, ebenso bei Großveranstaltungen. "Meines Erachtens ist jetzt eine Chance für eine Neuausrichtung unserer Gesellschaft", hofft Rosenberger. Dies betreffe zum einen die Ebene von Politik und Wirtschaft. Alle Betriebe und Branchen wieder 1:1 hochzufahren wie vor der Krise hieße einen Lernort nicht wahrzunehmen. Besser wäre es, die Unterstützung der Wirtschaft an ökologische Kriterien zu binden.
Die zweite Ebene sei jene des persönlichen Lebensstils, erklärte Rosenberger. Da sollten auch die Kirchen Fragen anstoßen wie: "Wie habe ich vorher gelebt? Und wie jetzt? Was war wesentlich? Und was ist vielleicht gar nicht so wichtig gewesen, wie es sich damals angefühlt hat?" Eine "Riesenchance" auf Änderungen sieht der Theologe im Bereich der Mobilität. Viele würden es als wohltuend empfinden, nicht mehr so viel unterwegs zu sein. "Vieles geht auch ohne diese Reisen, privat wie beruflich." Rosenberger wörtlich: "Jetzt ist ein Kairos, ein idealer Zeitpunkt für diese ökologische Umkehr. Ich hoffe, dass wir ihn ergreifen."
Quelle: kathpress