
Stift Schlierbach gedenkt seiner Anfänge vor 400 Jahren
Der Anfang vor 400 Jahren war bescheiden: Am 9. Mai 1620 trafen drei Zisterziensermönche aus dem Stift Rein bei Graz in Schlierbach ein und setzten in dem ehemaligen Frauenkloster in Oberösterreich einen Neuanfang. Wie die Linzer "KirchenZeitung" in ihrer aktuellen Ausgabe (19/2020) berichtet, standen die klösterlichen Gebäude mehr als sechs Jahrzehnte lang leer, nachdem von 1355 an Zisterzienserinnen dort gelebt hatten. Heute umfasst der von Abt Nikolaus Thiel geleitete Konvent 24 Mitglieder. Das am Samstag geplante Jubiläumsfest musste abgesagt werden und wird 2021 nachgeholt, hieß es.
Die Wiederbesiedlung vor 400 Jahren erfolgte unter dem Vorzeichen der Gegenreformation. Kaiser Ferdinand II. wünschte anstelle von Ordensfrauen nun Patres, die zur die Rekatholisierung der Bevölkerung des Kremstals beitragen sollten. Die Adaptierung des so lange leer stehenden Gebäudes war zunächst mühsam, berichtete die Kirchenzeitung. Der dritte Abt, Nivard I., begann 1672 mit dem vollständigen Neubau einer nun barocken Anlage. Unter Benedikt Rieger (+1695) entstand die prachtvolle Stiftskirche und weitere Teile des Klostergebäudes. Ab dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts erneuerten Mitglieder der oberitalienischen Künstlerfamilie Carlone das Kloster von Grund auf und gaben ihm das heute noch attraktive Gesicht. Bernhardisaal, Außentrakt und "Hofgarten" ergänzten das Stiftsensemble, der siebte Abt Christian Stadler (1715-1740) konnte im Hochbarock auf ein prächtiges Kloster mit erfreulichem Personalstand blicken.
Zu schaffen machten den Schlierbacher Zisterziensern die Josephinischen Reformen mit der Verpflichtung, mehr Pfarren zu übernehmen, sowie die Kriegsabgaben der Napoleonischen Zeit mit erforderlichen Notverkäufen. 1815 wurde dem Stift sogar die Verwaltung entzogen, Administratoren statt Äbte leiteten von nun an das darniederliegende Haus, dessen Schließung oft nur knapp verhindert werden konnte. Kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert erfolgte ein Wiederaufschwung, der in der Blütezeit unter Abt Alois Wiesinger gipfelte.
Dieser bisher jüngste Abt, der auch zum längstdienenden werden sollte, wurde mit nur 32 Jahren während des 1. Weltkriegs, am 24. Juli 1917, gewählt. Wiesinger förderte das streng monastische Leben, was den Konvent 1937 auf 70 Mitglieder anwachsen ließ. Der Abt gründete das "Brüderinstitut" für nichtgeweihte Mönche, weiters das Gymnasium, die Landwirtschaftsschule und initiierte sogar ein Kloster in Brasilien: Wiesinger selbst war mit einigen Mitbrüdern von 1939 bis 1946 - während der Schließung durch die Nationalsozialisten - im Staat Bahia und leistete dort großartige Aufbauarbeit.
Heute ist das Stift ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Region. Zu ihm gehören 230 Hektar Wald, rund 70 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche und die international renommierte Glaserei und Glasmalerei Werkstätte Schlierbach. Berühmt ist der Schlierbacher Käse aus der einzigen Klosterkäserei Österreichs. und das Schlierbacher Genusszentrum, woe im Stift hergestellte Produkte verkauft werden. Vielbeachtet war die OÖ. Landesausstellung 2009 mit dem Thema "Mahlzeit! - Genuss und Kunst des Essens" im Stift Schlierbach. (Link: www.stift-schlierbach.at)
Quelle: kathpress