"Österreich ist frei!": Feier am 15. Mai im Stephansdom
"Österreich ist frei!": Diese Frohbotschaft der Unabhängigkeit von Nachkriegsösterreich wird am Freitag, 15. Mai, im Wiener Stephansdom mit Gebet und Gesang bei einem Mariengottesdienst gefeiert. Die von Dompfarrer Toni Faber geleitete Feier um 18 Uhr steht im Zeichen des 65. Jahrestags der Unterzeichnung des Staatsvertrags und - indirekt - auch im Zeichen des Danks für die "Teilbefreiung" von den Restriktionen im Zuge der Coronakrise. Am 15., Mai 1955 waren die legendären Worte "Österreich ist frei!" vom damaligen Außenminister Leopold Figl im Schloss Belvedere ausgerufen worden.
Die Marienfeier im Stephansdom am 15. Mai beginnt mit einem großen Eröffnungsgeläut und endet mit dem Erklingen der Pummerin. Ab 16. Mai finden dann bis 31. Mai jeweils um 17 Uhr Maiandachten mit Chorgestaltung und Predigten statt, darunter am 25. Mai eine besonders bemerkenswerte: Diese Maiandacht wird P. Benno Mikocki leiten, der auch die Verantwortung für den eng mit dem Staatsvertrag 1955 verbundenen RSK (Rosenkranz-Sühnekreuzzug für den Frieden in der Welt) trägt.
In der Österreichischen Mediathek, die im Wiener Technischen Museum angesiedelt ist, ist die dichte Folge an gottesdienstlichen Feiern am 15. Mai 1955 dokumentiert. Bereits um 6 Uhr früh besuchte Bundeskanzler Julius Raab an jenem Tag die Heilige Messe in der Franziskanerkirche. Außenminister Leopold Figl begrüßte um 7.30 Uhr am Wiener Westbahnhof Lourdespilger des Bauernbundes, und auch er besuchte eine Messfeier. Dabei wählte er die 8-Uhr-Messe in der nahe dem Bahnhof gelegenen Lazaristenkirche.
Um 11.30 Uhr begann der Festakt im Belvedere. Die Glocken der Wiener Kirchen begannen noch während der Ansprache von US-Außenminister John Foster Dulles zu läuten. Auch die Pummerin, die damals noch in einem Holzgerüst neben dem Stephansdom aufgestellt war, erklang zur Feier des Tages.
Im Belvedere sprach als letzter Außenminister Figl. Seine kurze Rede - nicht ganz vier Minuten - beendete er mit den Worten "... Österreich ist frei!". Danach wurden die Türen zum Balkon geöffnet, die Menge jubelte, alle Außenminister traten auf den Balkon. Die Sekretäre des Bundeskanzlers, Franz Karasek und Ludwig Steiner, reichten Außenminister Figl den Staatsvertrag, der ihn der jubelnden und winkenden Menge präsentierte. Ab 15 Uhr begann der Marsch zum Stephansdom. Die Katholische Jugend Österreichs (KJÖ) marschierte vom Albertinaplatz zum Dom, wo um 16 Uhr ein Dankgottesdienst im Stephansdom von Kardinal Theodor Innitzer gefeiert wurde. Die Pummerin läutete um 16.45 Uhr das Te Deum ein, das anschließend an den Gottesdienst um 17 Uhr gebetet wurde.
Nach dem Te Deum, bei der auch die Außenminister Harold Macmillan (GB) und Antoine Pinay (F) anwesend waren, sprach Bundeskanzler Raab am Stephansplatz zur Jugend. Zu dieser Kundgebung hatte eine Reihe von Organisationen der österreichischen Jugend aufgerufen. Während die österreichische Bundeshymne gesungen wurde, entrollte sich eine rot-weiß-rote Fahne von der Spitze des Stephansturmes.
Quelle: kathpress