Johannes Paul II. sah in Österreich "Spiegel und Modell Europas"
Papst Johannes Paul II., der am 18. Mai 100 Jahre geworden wäre, war ein ausgesprochener Freund Österreichs. Es gibt nicht viele Länder, die er öfter besucht hat. Drei Mal, 1983, 1988 und 1998, war er während seines Pontifikats in Wien und den Bundesländern zu Gast. Dabei war immer auch der Blick über die Grenzen Österreichs hinaus - insbesondere nach Osteuropa - prägend.
Die besondere Beziehung des Wojtyla-Papstes zu Österreich fußte in der Geschichte. Wien war in der Ära des ab 1956 als Erzbischof amtierenden Kardinals Franz König (1905-2004) ein Brückenpfeiler zu den Christen jenseits des "Eisernen Vorhangs". Während seiner Reisen in den Osten lernten sich der junge Krakauer Weihbischof Karol Wojtyla und König kennen. Später machte Wojtyla auch als Erzbischof auf Reisen zum Zweiten Vatikanischen Konzil nach Rom in Wien Station.
Im Herbst 1983 kam Johannes Paul II. im fünften Jahr seines Pontifikats erstmals als Papst nach Österreich. Bei der Europa-Vesper am Heldenplatz am 10. September 1983 bezeichnete er das Land als "Spiegel und Modell" Europas. Leider sei nicht ganz Europa "frei von fremder Herrschaft und kriegerischer Auseinandersetzung, frei von unmittelbarer äußerer Bedrohung, unbelastet von hasserfüllten inneren Auseinandersetzungen", sagte er - und schickte einen Gruß an alle Nachbarn Österreichs, erinnerte an die Evangelisierung des Kontinents "vom Atlantik bis zum Ural, von der Nordsee bis zum Mittelmeer" sowie an die Menschenrechte.
Bei seiner Visite 1988 rief Johannes Paul II. dann mehrfach zu einer Neuevangelisierung ganz Europas auf. Im Gegensatz zu 1983 hatten sich in diesem Jahr die Grenzen zu den kommunistischen Nachbarländern bereits einen Spalt geöffnet. Zum Papstgottesdienst im burgenländischen Trausdorf kamen rund 50.000 Ungarn, 15.000 Kroaten sowie Tschechen, Slowaken und Polen, zur Drei-Länder-Wallfahrt in Gurk Tausende Slowenen. In Trausdorf plädierte der Papst für einen "schöpferischen Erneuerungsprozess für ein geeintes Europa" und unterstrich die "Brückenfunktion" Österreichs zu Osteuropa.
1998 hielt Johannes Paul II. bei einer Rede in der Wiener Hofburg ein eindringliches Plädoyer für die Ost-Erweiterung der Europäischen Union. Den "Baumeistern Europas" stehe noch die große Aufgabe bevor, "aus einer westeuropäischen Wohlstandsinsel eine gesamteuropäische Zone der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens zu schaffen", sagte er. Dabei würden "materielle Opfer für die wohlhabenderen Länder unvermeidlich sein, um das unmenschliche Wohlstandsgefälle innerhalb Europas allmählich abzuflachen".
1983 war "fröhliches Glaubensfest"
Die erste Papstvisite und der gleichzeitig abgehaltene Katholikentag vom 10. bis 13. September 1983 in Wien war - wie auch die Zeitungskommentatoren damals einhellig feststellten - ein großes und "fröhliches Glaubensfest", bei dem Differenzen und Misstöne weitgehend im Hintergrund blieben. Das Motto hatte gelautet "Hoffnung leben - Hoffnung geben". Die österreichischen Bischöfe hatte Johannes Paul II. damals zu einem "neuen Leitungsstil" ermutigt, der "den Gläubigen näher ist". In Mariazell kam es zu einer Begegnung des Papstes mit rund 7.000 Priestern und Ordensleuten.
Auch bei seinem zweiten Besuch in Österreich vom 23. bis 27. Juni 1988 unter dem Motto "Ja zum Glauben - Ja zum Leben" wurde Johannes Paul II. herzlich empfangen. Die innerkirchlichen Spannungen, die damals bereits deutlicher zutage traten als 1983, fanden allerdings auch in den Reden des Papstes ihren Widerhall. So warnte er vor "aggressiver Kritik in der Kirche" und vor "erbitterter Konfrontation unter den Christen selbst" und forderte Bereitschaft zum Gespräch untereinander.
Die Bischöfe, die "durch göttliche Vorsehung" bestellt seien, mahnte der Papst, das kostbare Gut des Glaubens zu hüten und Verflachungen entgegenzuwirken. Hintergrund der mahnenden Papstworte waren unter anderem die Auseinandersetzungen um die Bischofsernennungen in den Jahren zuvor. Hans Hermann Groer war im September 1986 zum Erzbischof von Wien geweiht worden, Kurt Krenn im April 1987 zum Wiener Weihbischof.
1998 - Schatten der "Affäre Groer"
Bei seiner dritten Pastoralvisite in Österreich von 19. bis 21. uni 1998 fand der Papst eine Kirche vor, die von den Auseinandersetzungen und Nachwirkungen der "Affäre Groer" geprägt war. Johannes Paul II. ging auf die Kirchenkrise nur indirekt ein, was manchen als zu wenig erschien. Allerdings rief er Österreichs Bischöfe auf, Vorbilder für ihre Gläubigen zu sein und den Dialog zu pflegen - in Anspielung an den von den Bischöfen in Reaktion auf das "Kirchenvolks-Begehren" initiierten "Dialog für Österreich". Die Vollmacht, die die Bischöfe "im Namen Christi persönlich ausüben, sei nicht auf das Herrschen ausgerichtet, sondern nimmt Maß am Beispiel des guten Hirten, der nicht gekommen ist, sich bedienen zu lassen, sondern zu dienen", betonte der Papst. Jedem Bischof sei deshalb das Wort des heiligen Petrus gesagt: "Seid nicht Beherrscher eurer Gemeinden, sondern Vorbilder für die Herde!"
Die Katholiken in Österreich hofften später auf einen vierten Besuch Johannes Pauls II. im Jahr 2004. Anlass wäre der Höhepunkt und Abschluss des Mitteleuropäischen Katholikentags - die "Wallfahrt der Völker" am 22./23. Mai in Mariazell - gewesen. Johannes Paul II. ernannte aber schließlich den damaligen vatikanischen Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano zu seinem Legaten für die Feierlichkeiten in Mariazell.
Akzente setzte Johannes Paul II. auch mit den Seligsprechungen von Österreicherinnen und Österreichern, unter denen die von den Nazis ermordete Wiener Märtyrerin Sr. Restituta Kafka (1998), der burgenländische Armenarzt Ladislaus Batthyany-Strattmann (2003) und schließlich der letzte Habsburgermonarch Karl I. (2004) herausragen.
Eine weitere, auch international sehr beachtete Seligsprechung wurde unter Johannes Paul II. vorbereitet, konnte aber erst 2007 von seinem Nachfolger Benedikt XVI. abgeschlossen werden: jene des von den Nationalsozialisten enthaupteten oberösterreichischen Märtyrers Franz Jägerstätter (1907-1943).
Quelle: kathpress