Caritas-Beiglböck: In Krise Akuthilfe und Anwaltschaft nötig
In Krisenzeiten braucht, wer fragil ist, umso stabilere Stützen: Darauf hat der Direktor der Caritas Steiermark, Herbert Beiglböck, in einem Beitrag für die Theologie-Plattform feinschwarz.net hingewiesen. Sozial Benachteiligte hätten meist keine Lobby hinter sich. "In diesem Sinne muss Akut- und Nothilfe immer auch verbunden sein mit anwaltschaftlichem Handeln, müssen Organisationen wie die Caritas, die mitunter himmelschreienden Situationen und die daraus resultierenden Bedürfnisse von Menschen für die Gesellschaft sichtbar machen", betonte Beiglböck.
Wie der Grazer Theologe und Sozialmanager in seinem "Caritas in Zeiten von Corona" betitelten Artikel zugab, habe er die Dimension der Krise zunächst unterschätzt, seit Mitte März leite er jedoch einen davor als die Koordinationsgruppe fungierenden Krisenstab. Es galt rasch zu klären, "was in dieser Situation unsere Aufgabenstellung ist; welchen Beitrag wir zu leisten haben, damit die Gesellschaft stabil bleibt und auch jene Menschen, die am Rand sind, eine Chance haben, die Krise halbwegs gut zu bewältigen". Die Caritas habe dafür Weichen gestellt in Bereichen wie der Obdachlosenbetreuung, der Sozialberatung oder der Pflege. Es wurden hunderte Arbeitsplätze auf Homeoffice umgestellt und unzählige Zoomkonferenzen abgehalten, berichtete Beiglböck.
Herausforderungen in den 17 von der Caritas Steiermark geführten Pflegewohnhäusern und in der mobilen Betreuung sei etwa das "verunsicherte und trotzdem dringend gebrauchte" Personal gewesen. "Hier sind kein Sonderurlaub und keine Kurzarbeit möglich", es gab Besuchsverbote und aufwändige Vorsichtsmaßnahmen.
Die 32 Carla-Geschäfte dagegen mussten geschlossen werden, für einige hundert Mitarbeitende in Beschäftigungsprojekten gab es damit keine Arbeit, berichtete Beiglböck. "Wir mussten daher für etwa 160 Menschen Kurzarbeit anmelden. Das erforderte eine umfassende Abklärung mit dem Betriebsrat, mit den Betroffenen und dem AMS." Gleichzeitig sei ein Einnahmenverlust von mehreren hunderttausend Euro pro Monat zu verzeichnen gewesen.
Auch die traditionelle Haussammlung musste abgebrochen werden; der finanziellen Lücke sei erfreulicherweise durch "erhebliche Beiträge" großer Unternehmen und der Bischofskonferenz begegnet worden.
Größe der Caritas ermöglicht Flexibilität
Die Größe der Caritas sei in der Corona-Krise ein Vorteil, weil nach den Worten des Direktors doch beträchtliche Ressourcen vorhanden sind. Die unterschiedlichen Bereiche seien zwar unterschiedlich stark von der Pandemie betroffen, aber intern sei ein Ausgleich und manche Umschichtung möglich. Gleichzeitig liege in dieser Verschiedenheit die größte Herausforderung, "weil wir nicht mit einer einheitlichen Strategie auf die Krise reagieren können", erklärte Beiglböck. Für manche Mitarbeiter sei es schwierig anzuerkennen, dass ein Teil der Kollegen übermäßig gefordert ist und andere in Kurzarbeit gehen müssen.
Die Kirche lebe in den drei Grundvollzügen Diakonie, Verkündigung und Liturgie, erinnerte der Grazer Theologe. In der Krise zeige sich, dass das diakonische Engagement der Caritas gut in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde. "Wichtig wird es sein, dass zukünftig dieses Tun auch als kirchliches Wirken erlebt wird und dass die seelsorglichen Strukturen das Miteinander mit den Caritas-Einrichtungen stärker suchen", schrieb Beiglböck. Nur so könne es gelingen, dass die Kirche insgesamt in der Krise eine bestimmende gesellschaftliche Kraft ist "und nicht nur eine Nebendarstellerin". Eine Gesellschaft, die sich in einer neuen Dimension als verwundbar und verletzlich erlebe, "braucht Religionsgemeinschaften, die Orientierung und Sinn geben".
Quelle: kathpress