Zulehner: Glaube motiviert zum Widerstand gegen unnötiges Leid
Auch wenn der Mensch nicht nachvollziehen kann, wieso Gott Leid zulässt, "es gibt immer begründeten Aufstand gegen unnötiges Leid". Das hat der Wiener Pastoraltheologe Michael Zulehner am Freitag in den "Vorarlberger Nachrichten" betont. Es gebe nämlich Leid, das von Menschen verursacht wird: das Leid der in der Coronavirus-Bedrängnis vergessenen Flüchtlinge in den Lagern Griechenlands zum Beispiel oder das Leid der vielen Menschen in den armen Regionen, die verhungern und verdursten.
Wieso Gott Leid zulasse, lasse sich allerdings letztlich nie ganz auflösen. Große Theologen wie Romano Guardini oder Karl Rahner sagten am Ende ihres Lebens vielmehr ratlos: "Wenn ich bei Gott ankomme, werde ich ihn als Erstes fragen: "Warum mussten so viele Unschuldige leiden?", so Zulehner. Die Frage nach dem Leid habe - mit Blick auf Gott - die Menschen immer schon bewegt.
Leid gehöre immer auch zum Leben dazu. Lebensweise Menschen machten tatsächlich die Erfahrung, im Leid menschlich gewachsen zu sein. Zulehner zitiert den Mystiker Richard Rohr:
Nur die große Liebe und das große Leid lassen uns das Leben und damit Gott erahnen. Die im Leben Erfahrenen haben verstanden, dass alles zwei Seiten haben muss: kein Leben ohne Tod, keine Auferstehung ohne Sterben, kein Tag ohne Nacht. Und nicht zuletzt: keine Liebe ohne Leid.
Zum Leid gehöre dem christlichen Glauben nach auch die Auferstehung, "aber ein Drittel der Menschen in Österreich kann dies beim besten Willen nicht glauben. Für sie ist mit dem Tod definitiv alles aus. Sie denken wie die alten Griechen, in deren wunderbarem Orpheus-Mythos der liebende Spielmann seine geliebte Eurydike am Ende für immer verliert."
Die Kernerzählung der Christen hingegen drehe diese alte depressive Geschichte um. Christus ist auferstanden, die Liebe hat den Tod besiegt. Christen seien zudem davon überzeugt, dass dieser Sieg der Liebe über kleine Tode sich schon jetzt zeigen könne. "Ich erlebe das, wenn mir jemand wirklich vergibt, auch wenn ich weiß, dass ich diese Person tief verletzt habe. Ostern ist daher nicht nur das Fest der Auferstehung des umgebrachten Jesus, sondern von uns allen. Wo wir lieben, sind wir nicht mehr im Tod, sondern tragen bleibendes Leben schon jetzt in uns. Das kann uns gelassener und solidarischer machen, auch und gerade in der Corona-Zeit."
Quelle: kathpress