Seitenstettner Abt Pilsinger setzt auf Gottvertrauen und Zuversicht
"Der Lauf der Geschichte ist kein blindes Schicksal, sondern Gott begleitet sein Volk und gibt der Gemeinschaft ihren Sinn. Gott verlässt die Menschen nicht": Das hat Abt Petrus Pilsinger vom Stift Seitenstetten in einem Interview mit den "Niederösterreichischen Nachrichten" kürzlich betont. "Krisen wurden immer wieder überwunden. Daran erkannten die Menschen, dass Gott sein Volk nicht verlassen hat." Auch wenn es keine leichte Zeit werden wird, "die biblische Erfahrung sagt uns, dass wir nicht verlassen sind".
Dass die Menschen auch im kirchlichen Leben voneinander Abstand halten müssten, sei zwar nicht optimal, "in unserem digitalen Zeitalter gibt es ja Gott sei Dank viele Möglichkeiten, um miteinander in Kontakt zu treten". Daher sei es notwendig, alle anderen Formen der Beziehung zu Gott zu pflegen. Jetzt sei die Zeit der Hauskirchen. "Die Hl. Schrift sagt uns, dass dort, wo zwei oder der im Namen Jesu beisammen sind, Gott gegenwärtig ist. Das heißt, durch Beten und Lesen der Hl. Schrift bezeugen Menschen Gott, dass er ihnen wichtig ist. Und dies sei überall möglich und gerade zu Hause." Ein weiterer Punkt sei die Nächstenliebe. Das Gebet für den Nächsten und auch die Tat für den Nächsten seien Wesenskennzeichen von Christen. Kreative Formen der Nächstenliebe seien in Zeiten der Krise notwendig.
Im Kloster selbst habe sich der Alltag kaum verändert, berichtete der Abt. "Wir haben aber natürlich auch den Abstand zueinander bei Tisch und im Chorgebet erhöht, kein Händeschütteln, keine Hausbesuche, keine Gäste. Alle Veranstaltungen im Haus wurden abgesagt. Wir sind eine abgeschlossene Hausgemeinschaft."
"In welcher Welt wollen wir leben?"
Laut dem Rektor der Katholische Privat-Universität Linz, Franz Gruber, stellt die Corona-Krise den bisherigen Lebensstil vor allem der Menschen in den Industrieländern infrage. "Bisher galt: Wir fühlten uns weitgehend frei, unser Leben uneingeschränkt zu leben Covid-19 stellt nun all das infrage, was ohnehin längst zu hinterfragen war." Ein kleines Virus habe der globalen Logik des Immer-Weiter, Immer-Mehr, Immer-Schneller eine abrupte Notbremsung verpasst, so Gruber in einem Kommentar in den "Oberösterreichischen Nachrichten".
Der Rektor zeigte sich überzeugt, die Corona-Krise werdeAuswirkungen in der ganzen Welt haben, auch nach ihrem Abflauen. "Die Welt wird danach eine andere sein, sie muss eine andere sein. Zuerst wird das Naheliegende geschehen: Die radikale Globalisierung und extreme internationale Arbeitsverteilung werden auf den Prüfstand gestellt." Die entscheidende Frage sei: "Wohin wollen wir als Menschheit in Zukunft überhaupt gehen? In welcher Welt wollen wir leben?"
In der Krise kommt es auf Solidarität und Empathie an. Augenscheinlich werde aber auch, dass weithin schlecht bezahlte Berufe wie Pflegerinnen, Kassiererinnen oder Erntehelfer sich in Krisenzeiten als Schlüsselberufe herausstellten. "Das und der Einbruch des Arbeitsmarktes verlangt mehr denn je eine Politik der sozialen Gerechtigkeit", so Gruber.
Funktionierende demokratische Strukturen seien ein zweiter wesentlicher Punkt. Gruber: "Der Staat ist jetzt die alles dominierende Ordnungsmacht. Damit aber seine Macht, Grundrechte in Ausnahmezeiten außer Kraft zu setzen, nicht aus dem Ruder läuft, bedarf es tief verankerter demokratischer und zivilgesellschaftlicher Haltungen, genauso aber weiterentwickelter internationaler Koordination." Ein Nationalstaat allein könne solche Krisen nicht bewältigen.
Drittens brauche es Besinnung auf tragende Werte: "den Schutz der Schwächsten; das Netz von Familien, Nachbarschaften, Freunden; eine intakte Natur; Eigenverantwortung". Aber auch spirituelle Werte zählten: Dankbarkeit, Achtsamkeit, Mäßigung. "Wenn sich das Gespür für das rechte Maß nicht in unserer gesamten Lebensweise abbildet, haben wir aus dieser Krise zu wenig gelernt. Entweder wir begreifen das so rasch wie möglich, oder wir und die kommenden Generationen müssen es bitter fühlen", so die abschließende Warnung des Linzer KU-Rektors.
Quelle: kathpress