Ideenreiche Pfarren suchen nach neuen Wegen
Die verschärften Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus lässt die Pfarren des Landes zu kreativen Mitteln greifen, um ihre Aufgaben in der Seelsorge, jedoch auch in der Stärkung der Gemeinschaft weiter zu erfüllen. So hat etwa im oberösterreichischen Obernberg am Inn der Kirchturm angesichts der Epidemie eine ganz neue Funktion erhalten: Allabendlich von 17.50 bis 18 Uhr werden seit der Vorwoche aus luftiger Höhe über eigens dafür installierte Lautsprecher Musikaufnahmen abgespielt, welche Musiker im mp3-Format einsenden können, informiert die Pfarrhomepage über das Projekt "turmMusik".
Gestartet war die Aktion bereits in der Vorwoche, als Pfarrer Alfred Wiesinger zum Auftakt den Kapellmeister und Musikobmann der Marktgemeinde zum Duett auf dem Turm der dem Hl. Abendmahl geweihten Kirche lud und tags darauf selbst mit dem Dudelsack dort einige Weisen zum Besten gab. Aufnahmen von Musikkapellen, von Jodlern und Innviertler Landlern folgten seither, wobei sich Wiesinger auf seiner Homepage für die "freudig gegebene Erlaubnis vieler Musikschaffender" bedankt. Die Aktion sei eine "Klangbrücke über große Distanz" und ein "Danke an alle Versorgende und Helfende". Bezwecken will Pfarrer Wiesinger auch, "dass Festlichkeit hinausgeht und nicht eingeht".
Gottesdienste finden in Obernberg weiterhin statt, wenn auch nicht mit Gläubigen. "Die Kirche ist tagsüber offen zum Gebet. Pfarrer Wiesinger feiert täglich in seiner Hauskapelle in den bestellten Mess-Anliegen und segnet am Ende mit dem Allerheiligsten in alle Himmelsrichtungen", wird auf der Homepage hingewiesen.
Kirchen-Drive-in
Viel Einfallsreichtum der Pfarren ist auch gefragt, um das in der Ausnahmesituation erst recht bedeutsame Seelsorgeangebot aufrechtzuerhalten. Ein Beispiel ebenfalls aus Oberösterreich für den Umgang mit dem auch die Kirchen betreffenden Versammlungsverbot bietet die Pfarre zur Heiligen Familie in Wels. Wie die ORF-Sendung "Oberösterreich Heute" am Sonntag - dem ersten Tag, an dem Messen nur noch ohne Gläubige stattfinden durften - berichtete, habe man dort das Modell einer "Kirche zum Mit nach Hause nehmen" entwickelt.
Es handle sich dabei um "eine Art Kirchen-Drive-In", erklärte Pfarrer Slawomir Dadas gegenüber dem Sender. Jeder Christ solle bestmöglich in der "Hauskirche" Gottesdienst feiern. Dazu werden u.a. Fläschchen mit Weihwasser und Unterlagen zum Mitnehmen wie etwa auch Bibeltexte und Predigten des jeweiligen Sonntags - geplant war für die Fastenzeit eine Predigtreihe zum Thema "Klimawandel zwischen den Menschen" - zur freien Mitnahme angeboten, und auch die Pfarrhomepage bietet diesbezüglich Materialien und Informationen.
Das bevorstehende Osterfest werde nicht ausfallen, sondern wohl ein ganz besonderes sein, erklärte Pfarrer Dadas, der auch Generaldechant der Diözese Linz ist, gegenüber dem ORF. "Auferstehung kann derjenige anders erfahren, der zuvor vom Tod berührt wird. Das ist bei vielen Menschen derzeit der Fall - angesichts der Bilder etwa der Toten in Italien und des Gefühls, der Situation auch selbst ein Stück weit ausgeliefert zu sein", so der Priester.
Livestream und Online-Gruppenstunden
Für die Seelsorge haben nicht nur die Domkirchen und Klöster, sondern auch viele technik-affine Pfarren im Zuge der Corona-Krise die Möglichkeiten des Livestreams für sich entdeckt. In der Pfarre St. Canisius in Wien-Alsergrund hat Pfarrer Johannes Gönner gerade den ersten online übertragenen Sonntagsgottesdienst gefeiert - "mit 170 Mitfeiernden vor den Bildschirmen", berichtete er am Dienstag gegenüber "Kathpress". Durch den Ausfall vieler Aktivitäten bleibe ihm jetzt "endlich Zeit für Tätigkeiten, zu denen man sonst viel zu wenig kommt" - wie gezielte Anrufe und Einzelgespräche bei den Mitgliedern des Seniorenclubs, die Feier des Abendgebetes oder auch das Vorbeibringen der Krankenkommunion, freilich bei Wahrung der Hygienemaßnahmen.
Außergewöhnliche Ideen sind auch nötig, um während der Corona-Zeit den Kontakt zu und unter Jugendlichen weiterzuführen. Das Internet bietet dafür zahlreiche Möglichkeiten, macht das Beispiel St. Canisius deutlich: Auch wenn der angepeilte Firmtermin wackeln könnte, läuft der Firmunterricht wie gewohnt an Dienstagen über Messenger-Dienste weiter, für die Zeit dazwischen werden Aufgabenstellungen zum Daheim-Erledigen versandt. Niederschwellige Angebote gibt es für die Jugendgruppe, wo gemeinsame Online-Spiele, Instagram-Aktionen wie auch gezielte Telefonanrufe angedacht sind, wie Pastoralassistentin Vivian Perdomo Reyes gegenüber Kathpress erklärte.
Drehscheiben für Nachbarschaftshilfe
Wie viele andere Pfarren ist man auch in St. Canisius darum bemüht, Nachbarschaftshilfe in Form eines Einkaufsdienstes zu organisieren. So werden Freiwillige gesucht, die für andere Menschen, "die derzeit nicht aus dem Haus gehen können oder sollten" und sich ebenfalls bei der Pfarre melden können, Erledigungen machen. Die Zuteilung erfolgt zentral, Details machen sich die Helfer dann mit den betroffenen Menschen direkt per Telefon aus. "Wir haben derzeit Gott sei Dank genug junge Menschen, die gerne für Sie einkaufen gehen und Ihnen alles direkt vor die Haustüre bringen. Also zögern Sie nicht diesen Dienst auch in Anspruch zu nehmen!", so die Einladung dazu auf der Homepage.
Quelle: kathpress