Schönborn: Frauenfrage in katholischer Kirche bleibt offen
Die Frage der Rolle der Frauen in der Kirche bleibt eine offene Frage und Wunde, das hat Kardinal Christoph Schönborn in der ORF-Pressestunde am Sonntag eingeräumt und für weitere Geduld plädiert. Das Hauptanliegen von Papst Franziskus bei der Amazoniensynode sei die ökologische Frage gewesen, "denn der Tod des Amazonasregenwaldes ist der Tod der ganzen Welt", betonte der Wiener Erzbischof.
Er könne aber verstehen, dass viele vom nachsynodalen Schreiben des Papstes hinsichtlich der Passagen über die Frauen enttäuscht seien. Vielfach übersehen werde aber, dass der Papst in einigen Stellen durchaus die Rolle der Frauen in dem Sinn betont, dass er von der notwendigen Leitung der Amazoniengemeinden durch Frauen spricht. Das Thema "Frauen in kirchlichen Leitungspositionen" bleibe jedenfalls weiterhin am Tisch.
Ihn beschäftige ganz generell die Frage, so Schönborn, dass in allen Weltreligionen die Männer dominieren würden und was dies angesichts der weltweiten gesellschaftlichen Veränderungen bedeutet. "Wie werden die Religionen damit umgehen? Dieser Frage müssen wir uns stellen. Antwort habe ich jetzt aber keine."
Missbrauch: Ständiger Verbesserungsbedarf
Auf das Thema Missbrauch in der Kirche angesprochen wies der Kardinal darauf hin, dass die Problematik inzwischen zumindest auf der ganzen Welt angekommen sei. Dass inzwischen etwa ein indischer Bischof wegen Missbrauchs vor Gericht steht, bedeute einen fundamentalen Kulturwandel. Österreich sei beim vatikanischen Missbrauchsgipfel vor rund einem Jahr als eines von vier positiven Beispielländern erwähnt worden, erinnerte Schönborn und fügte hinzu: "Wir haben viel gelernt, aber noch nicht ausgelernt." Es gebe ständigen Verbesserungsbedarf.
Besonders gefährlich seien Machtgefälle in Institutionen. In diesem Sinne berge auch der Klerikalismus die "Gefahr des Machtmissbrauchs, des geistlichen und sexuellen Machtmissbrauchs" in sich.
Darauf angesprochen, dass Papst Franziskus sein Rücktrittsgesuch als Erzbischof von Wien bislang abgelehnt hat, meinte Schönborn, dass nach der Coronakrise die Frage der Nachfolge in Ruhe erledigt werden könne. Nach seiner Emeritierung werde er dann zwar nicht mehr das Amt innehaben, "aber der Dienst bleibt und ich möchte weiter für die Menschen da sein". Schönborn erinnerte an Kardinal Franz König (1905-2004), der nach seiner Emeritierung mit 80 Jahren noch rund 18 Jahre ein segensreiches Wirken entfaltet habe. Nachsatz: "Und auch ich möchte nicht einfach nur die Patschen anziehen."
Quelle: kathpress