Katholische Frauenbewegung an Politik: Sorge-Arbeit neu bewerten
Mit einem Appell an die politisch Verantwortlichen, Sorge-Arbeit neu zu bewerten und entsprechend konkrete Maßnahmen in Budget, Steuergesetzgebung, Arbeitsrecht, Bildung und Ausbildung zu ergreifen, meldet sich die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö) anlässlich des Weltfrauentags am 8. März zu Wort. Vorsitzende Veronika Pernsteiner erklärte sich namens der kfbö am Freitag in einer Aussendung solidarisch mit den Beschäftigten in der Sozialwirtschaft und deren Forderungen nach einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Die aktuellen Kollektivvertragsverhandlungen für die in der Sozialwirtschaft Beschäftigten, in erster Linie Frauen, müssten aber auch in größerem Kontext gesehen werden.
Die Verhandlungen seien "Bestandteil einer notwendigen Wende in unserem grundsätzlichen Verständnis von Wirtschaft und Gemeinwohlverpflichtung, die politisch gewollt und entschieden werden muss", betonte Pernsteiner. Care-Ökonomie müsse als volkswirtschaftlich gleichberechtigter ökonomischer Sektor begriffen werden und Care-Arbeit, ob in Kindergärten oder Pflegeheimen, "finanziell und arbeitsrechtlich so ausgestattet, dass ihrer tatsächlichen Bedeutung für die Gesellschaft Rechnung getragen wird".
Dementsprechend fordert die kfbö nicht nur eine adäquate Bezahlung von Beschäftigten in der Sozialwirtschaft, sondern auch Investitionen in deren Bildung und Ausbildung bzw. die Bereitstellung der dazu nötigen finanziellen und infrastrukturellen Mittel: "Die Forderung nach einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich ist ein erster wichtiger Schritt, der vor allem das Einkommen von Teilzeitkräften erhöhen wird. Es braucht aber ein ganzes Maßnahmenbündel auf der Grundlage eins gewandelten Verständnisses von Wirtschaft und Gesellschaft, ausgerichtet am Bekenntnis zu Demokratie, Solidarität und Geschlechtergerechtigkeit", so Pernsteiner.
70 Prozent der Beschäftigten in der Kranken- und Altenpflege, in der Betreuung von Menschen mit Behinderung, Kindergartenkindern oder Schulkindern am Nachmittag, sind laut kfbö Frauen, 70 Prozent arbeiten in Teilzeit. Die emotionale Herausforderung, Menschen in ihrer ganzen menschlichen Dimension, auch ihrer seelischen Bedürftigkeit, gerecht werden zu wollen und zu müssen, teilweise aber auch die körperliche Schwerarbeit etwa in der Pflege, machten es vielfach unmöglich, eine derartige Arbeit 40 Stunden lang durchzuhalten. Die ohnehin niedrige Bezahlung - laut derzeitigem Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich 2.800 Euro netto nach 36 Dienstjahren in Vollzeit - verringere sich in Teilzeitverhältnissen noch einmal und schlage in der Pension massiv durch, machte die Katholische Frauenbewegung aufmerksam. Rund ein Drittel der Beschäftigten verfüge bereits während der Berufstätigkeit über ein Einkommen unter der Schwelle zur Armutsgefährdung.
"Wenn wir den Menschen in den Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns als Gesellschaft stellen, dann wird es eine Care-Revolution geben, dann brauchen Kollektivvertragsverhandlungen, die auf eine reale Abgeltung von Sorge-Arbeit zielen, nicht als 'Jobvernichtungsmaschinerie' gefürchtet zu werden", so die kfbö-Vorsitzende: "Die Lichter im Land werden nicht ausgehen. Im Gegenteil: Wir werden geblendet sein von der Strahlkraft einer solidarischen, geschlechtergerechten Gesellschaft."
Leistbar sei das, so Pernsteiner: "Wenn Banken gerettet werden können, können auch Beschäftigte in Pflege und Betreuung vor Burnout, Unterbezahlung und folglich Altersarmut gerettet werden." Es gehe da um eine Frage der Priorisierung und volkswirtschaftlichen Klugheit: "Wollen wir Konzerne noch reicher machen oder menschenwürdige Bedingungen in Leben und Arbeit aller sichern?" Das Investment in die existenzielle Sicherung von Menschen auf allen Ebenen lohne ein Vielfaches, erläuterte die kfbö-Vorsitzende.
Quelle: kathpress