Faßmann zu Ethikunterricht: "Ich glaube an das Verflechtungsmodell"
Mit einem klaren Bekenntnis zum Modell eines Ethikunterrichts als alternatives Pflichtfach und somit als Ergänzung zum konfessionellen Religionsunterricht hat Bildungsminister Heinz Faßmann am Donnerstag die Tagung "Ethik statt Religion?" in Salzburg eröffnet: "Ethik- und Religionsunterricht sollen nebeneinander existieren. Ich glaube daran, dass das Verflechtungsmodell gelingen wird". Dieses Modell bestehe darin, dass "beide Fächer wechselseitig die Aufgabe ethischer Bildung für die Schüler wahrnehmen" und sie nicht als Gegner, sondern als "kooperative Fächergruppe" zu verstehen seien. Zugleich rief Faßmann dazu auf, diese Vernetzung auch seitens der Religionsgemeinschaften noch stärker zu thematisieren - nur so würde etwa der Vorwurf, der Religionsunterricht trenne mehr als er verbinde, entkräftet.
Faßmann äußerte sich im Rahmen der Tagung "Ethik statt Religion?", die zuvor von Militärbischof Werner Freistetter eröffnet worden war. Veranstalter ist die Fachkommission für Weltreligionen der Österreichischen Bischofskonferenz gemeinsam mit dem Bildungshaus St. Virgil, dem Zentrum Theologie Interkulturell und Studium der Religionen der Universität Salzburg sowie der Kirchlichen Pädagogische Hochschule (KPH) Graz.
Keine Tragfähigkeit attestierte der Bildungsminister für die beiden weiteren Haltungen, die die öffentliche Debatte über den Ethikunterricht dominiert hätten: Dies sei auf der einen Seite ein "Abgrenzungsmodell", welches den Religionsunterricht sehr kritisch und als Ort der "Indoktrination" sehe und daher für eine mittelfristige Ablösung des Religionsunterrichts im öffentlichen Schulsystem plädiere; und auf der anderen Seite die Position jener, die wiederum den Ethikunterricht mit dem Verweis auf den bereits bewährten Religionsunterricht delegitimieren wollten. Angesichts der demografischen Herausforderungen und der komplexer werdenden ethischen Problemstellungen sei keine dieser Positionen zielführend, sondern nur das von ihm favorisierte "Verflechtungsmodell", so der Bildungsminister.
"Jetzt machen wir den ersten Schritt"
Auf die Frage bei einer anschließenden Podiumsdiskussion, warum der Ethikunterricht nur in der Sekundarstufe 2 und nicht gleich auch in der Sekundarstufe 1 oder auch in anderen Schulformen bis zur Volksschule verpflichtend eingeführt werde, antwortete der Minister: "Wir haben das auf dem Radar. Wir müssen auch überlegen, was aus dem Fach PP (Psychologie und Philosophie, Anm.) wird. Jetzt machen wir aber mal den ersten Schritt."
Im Blick auf den Bedarf an qualifizierten Lehrerinnen und Lehrern zum Start des Ethikunterrichts verwies Faßmann darauf, dass in einer Übergangsphase ein Lehrgang im Umfang von 30 ECTS-Punkten vor Antritt und weiteren Schulungen im Umfang von weiteren 30 ECTS-Punkten im Laufe der Lehrtätigkeit angeboten werde. Dieses Angebot stehe für alle offen - also auch für Religionslehrer, bekräftigte Faßmann. Zielperspektive bleibe jedoch eine eigene universitäre Ausbildung.
"Sind Sie noch immer unzufrieden mit mir?"
Abschließend wandte sich Faßmann dezidiert an den im Publikum sitzenden Salzburger Religionspädagogen Anton Bucher, der u.a. den 1997 gestarteten Schulversuch Ethik begleitet und evaluiert hat und zuletzt als Proponent der Initiative "Ethik für alle" für Aufsehen sorgte: Letztlich sei das nun vor der Umsetzung stehende Modell genau jenes, welches Bucher 2001 in einer Publikation vorgeschlagen habe, so Faßmann: "Sind Sie noch immer unzufrieden mit mir?"
Bucher räumte seinerseits ein, dass er froh sei, "dass sich endlich etwas tut". Zweifel hege er jedoch daran, ob sich das gewählte "Verflechtungsmodell" in der Praxis tatsächlich so harmonisch darstelle, wie es hier dargestellt werde. Er befürchte etwa einen steigenden Konkurrenzkampf unter den Fächern und Lehrkräften um Schüler. Zugleich verwehrte er sich dagegen, mit seinem Votum für einen verpflichtenden Ethikunterricht für alle zugleich zu einem "Gegner des Religionsunterrichts gestempelt" zu werden. "Das bin ich auf keine Weise." Die demografische Entwicklung und der Anstieg der Schüler "ohne Bekenntnis" nötige jedoch dazu, nach anderen, alternativen Modellen wie etwa dem von ihm favorisierten eigenen Unterrichtsgegenstand "Ethik und Religionen" zu suchen, so Bucher.
Quelle: kathpress